Freitag, Juli 30, 2010

Das ewige Hickhack

Vor mehreren tausend Jahren haben sich die Menschen überlegt, dass es doch ganz cool wäre, wenn man sein Gehirn für irgendwas Progressives benutzen würde. Deshalb haben sie sich die Wissenschaften ausgedacht. Mit der Zeit wurden es immer mehr Wissenschaften, weil man ja auf verschiedensten Gebieten fortschrittlich und investigativ sein konnte. Irgendwann, ich glaube die Hochdruckdampfmaschine war gerade erfunden worden, fiel den Vertretern der techniklastigeren Wissenschaften ein, dass sie der Menschheit eigentlich viel mehr dienen als die ollen Literaten und die langhaarigen Philosophiehippies. Die schreiben und reden und diskutieren ja nur und machen nichts Praktisches, stattdessen nur brotlosen Krams, wohingegen die Naturwissenschaftler und Ingenieure so tolle Sachen konstruieren wie eben die besagte Dampfmaschine, den Zeppelin oder den elektrischen Stuhl – also alles ganz tolle praktische Erfindungen, die unseren Planeten zu einem schöneren Ort machen.
Die Existenzberechtigung der Geisteswissenschaften wird seit Jahrzehnten zunehmend in Frage gestellt; das letzte goldene Zeitalter ging wohl spätestens 1933 zu Ende. Den Kampf um Anerkennung führen Germanistik, Philosophie und Co. seitdem teils offensiv, zum Beispiel mit Vortragsreihen an Universitäten zur Zukunft der Geisteswissenschaften, teils aber auch zweifelnd – manchmal wissen sie scheinbar selbst nicht so recht, wer sie heute noch braucht, denn längst sind sie überzeugt davon, hinter den Naturwissenschaften zurückzustehen. Und auch im Kleinen findet diese Auseinandersetzung immer wieder statt: auf Studentenpartys fragen die Informatikstudenten, wozu man das denn später braucht, und die Eltern haben nicht schlecht geguckt, als man ihnen die Entscheidung für finanzielle Unsicherheit, also für ein geisteswissenschaftliches Studium mitgeteilt hat. Dabei ist man es doch eigentlich leid, sich auf jeder Familienfeier zu rechtfertigen und gefragt zu werden, „was man damit mal machen kann“.

Was willse denn jetzt mit diesen redundanten Allgemeinplätzen? Ist das das Genöle einer Germanistikstudentin, die nächstes Jahr fertig wird und noch nicht weiß, wohin dann mit sich? Was willse denn sagen mit ihren geschmacklosen Äußerungen über elektrische Stühle?

Ich schreibe zurzeit eine Hausarbeit im Rahmen eines Seminars namens „Phantastisches Erzählen“. Dafür sehe ich mir einen Text namens Bis zum Nullpunkt des Seins (1871) des deutschen Autors Kurd Laßwitz genauer an. Laßwitz gilt als der Begründer der deutschen Science Fiction und Phantastik, ist nur mittlerweile ziemlich vergessen und wird in kaum einem Standardwerk zum Thema berücksichtigt – die Texte, die ihn allerdings erwähnen, tun das ziemlich ausführlich, sodass ich dennoch genügend Sekundärliteratur habe, keine Sorge ;). Und in diesem Text spielt der Streit Technik / Naturwissenschaften versus Geisteswissenschaften und schöne Künste eine, wenn nicht gar d i e zentrale Rolle.
Die Erzählung spielt in einer europäischen Stadt im Jahre 2371. Die dargestellte Zukunftsvision ist mit heutigen Augen betrachtet ziemlich bieder, was aber schon dadurch entschuldbar ist, dass es der erste deutsche Text dieser Machart war: es gibt ein paar technische Neuerungen wie die fliegenden Fahrräder namens Luftvelozipeden (was zu so wunderschönen Ausdrücken wie „Magnet Reimert-Oberton war unbemerkt zum Fenster herein luftvelozipediert […]“ führt) oder das Geruchsklavier und die Wettermaschine. Auch hat Laßwitz in dieser Geschichte ein paar Dinge beschrieben, die wir heute, nur unter anderen Bezeichnungen, wirklich kennen und nutzen. Es gibt eine Art Fahrstühle („[…] so fanden sich die Treppen durch treffliche Hebe- und Senkvorrichtungen ersetzt“) und eine neue Art von medialer Öffentlichkeit, die in ihrer Beschreibung stark an Facebook oder gar Twitter erinnert („Jegliche Nachricht ward im Nu verbreitet, jegliche Erfahrung zum Allgemeingut gemacht“). In anderen Erzählungen sagt er auch den Flatscreen voraus, aber darum soll es jetzt ja eigentlich nicht gehen.

Bis zum Nullpunkt des Seins stellt uns drei Protagonisten vor: Magnet Reimert-Oberton (Dichter), Aromasia Duftemann Ozodes (Geruchspianistin) und Oxygen Warm-Blasius, seines Zeichens Wetterfabrikant. Aromasia und Oxygen (DIESE NAMEN … herrlich – mit dieser Art des Humors spielt der ganze Text) sind im Übrigen verlobt. Oxygen ist also Naturwissenschaftler, genauer gesagt eine Art Chemiker, und vertritt die Ansichten der Partei der ‚Nüchternen’, die folgende Ziele verfolgt: Loslösung des Menschen von seiner Abhängigkeit von der Natur, Befreiung des Menschen von seinen Leidenschaften und Erreichen der sittlichen Vollkommenheit. Basis dessen ist die Ansicht, dass die wissenschaftlichen Errungenschaften die Hochkultur, die Ethik und Moral des Menschen erst möglich gemacht hätten. Dem Wetterfabrikanten gegenübergestellt werden nun die Künstlertypen Magnet und Aromasia, Vertreter der Partei der ‚Innigen’. Die drei streiten sich regelmäßig darüber, ob die Kunst einen relevanten Stellenwert hat und wie dieser aussieht. Besonders heikel ist die Diskussion besonders hinsichtlich der Beziehung von Oxygen und Aromasia: der zukünftige Bräutigam will seine Verlobte immer wieder von ihrer Kunst abbringen und hofft inständig, dass sie ihre „Lebensaufgabe noch anders auffassen lernen“ wird.
Hinter diesem Konflikt, der schließlich im Tod Aromasias und in Selbstverbannung und einer Art Suizid Oxygens resultiert (er lässt sich mit einer Kapsel ins Weltall treiben, wo ihn der sichere Tod erwartet, überwindet dabei aber mal so nebenher die Gravitation der Erde), bleiben die drei Protagonisten weitestgehend nur Typen und entwickeln kaum individuelle Züge. Laßwitz scheint sie vielmehr als Sprachrohre oder Medien zur Vermittlung der verschiedenen Ansichten zu benutzen. Es kommt am Ende aber tatsächlich zu einer Lösung der Streitfrage: Magnet erkennt nach Oxygens Selbstverbannung ins Weltall, dass dieser auch durch die vollkommene Überwindung der Natur und in seinem Tode dennoch nicht frei sein kann und sein Ziel, zu dem „Nullpunkt des Seins“ (erinnert an die Reise in die Unendlichkeit in Kubricks 2001: A Space Odyssee) zu gelangen, niemals erreichen kann, da es unmöglich ist aus dem dynamischen Kreislauf von Leben und Existenz auszubrechen. Freiheit, so verkündet Magnet, ist nur durch die „Macht des Ideals, […] durch meine dichtende Kunst, die mich über die Schranken der Welt und meiner räumlichen und zeitlichen Existenz hinausträgt“ möglich. Doch der Leser wird nicht ohne eine Möglichkeit des Kompromisses aus dem Text entlassen. Eine Versöhnung der beiden Pole sei möglich, wenn auch erst in einer weit, weit entfernten Zukunft (und nur über den Weg von Kultur und Dichtung).

Mittwoch, Juli 28, 2010

Mixtape

Moby - Scream Pilots
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Coldplay - In my Place
Radiohead - Talk Show Host
Radiohead - Creep
The xx - Crystalized
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Dresden Dolls - Missed me
Placebo - I know
Herbert Grönemeyer - Schmetterlinge im Eis
Muse - Unintended
Amy Macdonald - This is the life
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Coldplay - Don't panic
PeterLicht - Das absolute Glück
A cat called Fritz - As a mug
FM Belfast - Underwear
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The Coopler Temple Clause - Blind Pilots

Montag, Juli 26, 2010

Meine Top 5 ... Lieblings-Sommerfrüchte

1. Wassermelone
2. Kirschen
3. Pfirsiche
4. Mango
5. Himbeeren


Ein Exemplar von Nummer 4 wurde gerade erfolgreich verspeist =).

Dienstag, Juli 20, 2010

Tour de Mitteldeutschland

Parallel zu unseren dopingsüchtigen Freunden à la France haben wir heute - unter anderem in Vorbereitung auf die geplante Elberadtour im August - eine feine kleine Tour durch die Region unternommen. Zweck dieser sportlichen Angelegenheit war allerdings nicht in aller erster Linie die sportliche Ertüchtigung, sondern etwas Geistreicheres: wir wollten Novalis und Friedrich Nietzsche besuchen.


Los ging es heute Morgen, nachdem noch ein bisschen an den Rädern gebastelt wurde, um endlich mal die neuen Gepäckträgertaschen einzuweihen. Wir radelten zum Hauptbahnhof, schwangen uns dort nebst unseren Rädern in einen Zug und stiegen 45min später in Weißenfels wieder aus. Dort fragten wir uns zur Adresse Klostergasse 24 durch. In diesem Gebäude verbrachte Friedrich von Hardenberg, wohl eher als der Romantikdichter Novalis bekannt, Teile seiner Kindheit und Jugend und hier starb er auch. In drei Räumen wird das Leben und Wirken (als Dichter und Geologe) bilderreich und übersichtlich zusammengefasst. Interessanter war aber die idyllische Grabanlage der Familie Hardenberg im benachbarten, ziemlich wüst bewachsenen Stadtpark. Generell hab ich mir Weißenfels ... unhübscher vorgestellt, aber das Städtchen reiht sich gut in die schönen mittelgroßen Orte Mitteldeutschlands ein, die es im Burgenland so gibt: von Weinbergen und schönen Anwesen umgeben, viele mittelalterliche, historisch schön aufbereitete Ecken und und und. Nur der Bahnhof ist und bleibt der hässlichste weit und breit.

Teil 1 der Tour: von Weißenfels über ein paar Dörfer und unter den Autobahnen A9 und A38 hindurch nach Röcken

Dann schwangen wir uns auf die Drahtesel und fuhren ins reichlich 12km entfernte Röcken. Das ist ein ganz kleines Nest zwischen Weißenfels und Leipzig, zu dem es nur eines wirklich zu sagen gibt: hier wurde Friedrich Nietzsche geboren und hier liegt er auch, zusammen mit Schwester, Mutter und Vater, begraben. Es wurde eine Gedenkstätte eingerichtet (die u. a. dienstags leider Ruhetag hat) und ru
nd um die winzig kleine, aber wunderschöne Kirche von Röcken kann man sich allerhand ansehen, was mit Friedrich Nietzsche zu tun hat: die Gräber natürlich, aber auch ein richtig gut durchdachtes Ensemble von Bronzefiguren, sein Geburtshaus und das Museum. Die Strecke nach Röcken war allerdings weniger schön: unerwartet viele bergige Straßen (Berge - und das nahe Leipzig), viiiiel zu viel Gegenwind und die nur leidlich idyllische B87, auf der wir uns die ganze Zeit (fast bis Leipzig) bewegten (unter zwei Autobahnen hindurch) machten die Fahrt nicht übermäßig malerisch. Von ein paar Industrieruinen mal abgesehen ... Nach dem Besuch bei good ol' Nietzsche, an dessen Grab wir andächtig unsere Brötchen und Würstchen vertilgten, ging es weiter zur nächsten Station - einem Plansch-In im Kulkwitzer See zwischen Leipzig und Markranstädt.
Bis dahin waren es aber noch einige Kilometerchen zu fahren, weshalb wir uns im nächstbesten Ort, der Kleinstadt Lützen (auch ne sehr pittoreske Stadt - tolles Rathaus, schöner Marktplatz, etc.) im ortsansässigen Supermarkt mit neuen Getränken versorgten. Immer entlang der B87 ging es dann bis Markranstädt; dabei kommt man übrigens an einem enorm beeindruckenden Denkmal für Gustav Adolf, den ollen Schwedenkönig, der auf den Ur-Krostitzer Bierflaschen drauf ist, vorbei. Und urplötzlich standen wir dann auch schon am Badesee, der sachgemäß einmal umrundet wurde und zwischendrin auch beplanscht. Über ein paar weniger Beachtung verdienende Viertel Leipzigs fuhren wir nach Hause und auf einmal waren also 50km durch Mitteldeutschland gefahren worden.


Teil 2: von Röcken über Lützen und Markranstädt / Kulkwitzer See bis Leipzig

Fazit:
ein wunderbarer Tag bei wunderbarem Wetter in Angedenken an wunderbare deutsche Persönlichkeiten, zu denen interessante Dinge zu erfahren und schöne Bilder in Erinnerung zu behalten waren.



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Es folgen noch ein paar Momentaufnahmen des Tages, allesamt von Herrn Nova geschossen
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