Diese Woche war bei mir Filmwoche. Mit einer kleinen Unterbrechung in Form eines Besuches des Toten Hosen-Konzertes am Mittwochabend stand jeder andere Werktagabend im Zeichen der 24 Bilder pro Minute.
Montag: Mulholland Drive (2001, Regie: David Lynch)
Es hat mich selbst etwas überrascht - das war mein erster Lynch. Der letzte wird es sicherlich nicht bleiben, soviel steht fest. Man lässt sich allerdings mit dem Mystery-Thriller-Drama Mulholland Drive auf einiges ein. Wer es partout nicht leiden kann, wenn ein Film die Möglichkeit einer kohärenten Deutung und eines generellen Handlungsverständnisses gar nicht anbietet, den wird dieser Streifen nicht glücklich machen. Es gibt viele Internetseiten, die sich mit der Interpretation des Filmes - und seiner Handlung bzw. der Handlungsmotivationen der Figuren - auseinandersetzen. Deswegen möchte ich auch gar nicht erst versuchen, den Inhalt wiederzugeben, Internet habt ihr ja alle selbst, wenn ihr das lest. Wenn ihr mal 'was anderes' sehen wollt, dann versucht es mit diesem Film!
Dienstag: Die Vermessung der Welt (2012, Regie: Detlev Buck)
Daniel Kehlmanns Roman Die Vermessung der Welt (2005) galt als "unverfilmbar", wegen seiner doppelbiografischen Struktur, weil alle Dialoge nicht in direkter, sondern in indirekter Rede und im Konjunktiv geschrieben sind, etc. Detlev Buck hat sich aufgrund dieser Umstände den Schriftsteller als Co-Autor des Drehbuches und generell als Berater gleich dazugeholt. Kehlmann mimt zudem den Erzähler im Film und spielt auch eine kleine Rolle als zwielichtiger preußischer Minister ganz am Ende. Ganz ehrlich: etwas mehr zurücknehmen können hätte er sich von mir aus gern. Seine Stimme ist keine gute Erzählerstimme und sein Cameo-Auftritt wirkt vor allem bemüht und selbstdarstellerisch. Der Film ist gutes deutsches Unterhaltungskino, das Gott sei Dank auf große Stars verzichtet und die, die es gibt, maximal in den Nebenrollen unterbringt (toll: Katharina Thalbach als Gauß' Mutter und David Kross als sein Sohn). Ziel von Buck und Kehlmann war es, einen Film zu schaffen, der unabhängig von der literarischen Vorlage funktioniert, und das ist gut gelungen. Leider setzt der Film zu oft auf platte Gags - hier hätte größere Nähe zum Roman, der mit subtilem, aber gekonnten Humor aufwartet, dem Film gut getan. Kurzweilig und amüsant, mehr aber leider nicht.
Donnerstag: Heat (1995, Regie: Michael Mann)
Dieser Actionfilm gilt als einer der Höhepunkte in der Geschichte dieses Genres, als ein regelrechter Höhepunkt der Filmgeschichte schlechthin - denn hier stehen Al Pacino und Robert De Niro erstmalig gemeinsam vor der Leinwand (in Der Pate II ist das auch der Fall, da gibt es aber keine gemeinsamen Szenen), und darauf hatten viele Kinofans lange gewartet. Action ist nicht ganz mein Genre, wie ihr euch vielleicht denken könnt, aber dieser Film ist wirklich gut: die klassische Actionhandlung mit ordentlich Geballer, mit Verfolgungen, etc. gibt es zwar auch, aber die eigentliche Spannung entspinnt sich innerhalb der Figuren. Es geht um das, was sich zwischen dem genialen Einsatzleiter (Pacino) und dem gerissenen Gangster (De Niro) abspielt, auch wenn es nur zwei längere Szenen gibt, in denen sie sich gegenüber stehen. Es geht um das Privatleben der Polizisten und Kriminellen, und was deren Tätigkeit aus ihrer Ehe, den Freundschaften, etc. macht. Sehr sehenswert.
Freitag: 3 (2010, Regie: Tom Tykwer)
Und noch ein namhafter Regisseur. 3 ist ein wunderbarer Film aus der jüngeren deutschen Filmvergangenheit, der das fertig bringt, was das deutsche Kino oft nicht schafft: der Zuschauer kann jede Äußerung, jede Reaktion der Figuren nachvollziehen. Man denkt sich nicht bei jedem zweiten Satz, wie absolut merkwürdig diese Äußerung jetzt war, wie krampfhaft dieses Drehbuch wirkt. Ich weiß nicht, ob ihr versteht, wie ich das meine. Der Film nimmt sich Zeit, die Figurenkonstellationen natürlich, organisch entstehen zu lassen. Und diese Konstellation besteht in der Hauptsache aus - drei Figuren. Hanna und Simon sind ein Paar (Anfang Vierzig, kreative Berufe, nicht verheiratet, seit zwanzig Jahren zusammen), sie lernen unabhängig voneinander Adam (gleichaltrig, geschieden, Stammzellenforscher) kennen. Adam stellt ihre etwas ausgetretene Beziehung auf die Probe ... - Aber nicht so, wie jeder andere Film es machen würde. Der Film beinhaltet viele erotische Szenen ... - Und stellt sie Gott sei Dank anders dar, als wir es gewohnt sind:
„Tykwer hat glücklicherweise kein Problem damit, die hetero- und
homosexuellen Szenen ganz unverkrampft darzustellen. Er zeigt Sex ohne
Komik, ohne falsches Pathos. So, wie er sein sollte zwischen zwei
Menschen, die zum ersten Mal miteinander schlafen: aufregend und
ungestüm. Vor allem die homosexuellen Szenen sind von einer Offenheit
und Sinnlichkeit, die es im deutschen Film bisher selten zu sehen gab.“ (Carolin Ströbele in Die Zeit vom 21.12.2010)
Ein fabelhafter Film, vor allem dank der drei Hauptdarsteller!