Habe, zu meiner eigenen Überraschung, den fast 400 Seiten starken, jüngst erschienenen Roman von Daniel Kehlmann, "F", heute innerhalb von etwa sechs Stunden ausgelesen. Was genau mich bewogen hat, das Buch nicht aus der Hand zu legen, von einigen kleinen Pausen abgesehen, weiß ich noch nicht genau.
Genau weiß ich aber, dass das ein gutes Buch ist. Genau weiß ich auch, was etwaige negative Kritiken beanstanden könnten: Kehlmann samplet sich in seinem Neuling häufig selbst.
Es geht um drei Brüder, zwei davon Zwillinge, die sich in ganz unterschiedliche Richtungen entwickeln, dabei aber eine große Gemeinsamkeit haben: der Vater hat sich nach einem verstörenden Erlebnis während einer Hypnoseveranstaltung vor vielen Jahren aus dem Staub gemacht. Die Brüder arbeiten in Metiers, die in Kehlmanns Texten schon vorkamen, und sie begegnen dabei teilsweise sogar Figuren aus seinen anderen Texten.
"F" ist stilistisch wie thematisch ein unverkennbarer Kehlmann-Roman. Mit der Kunst bzw. dem Kunstbetrieb, der (Trick)Betrügerei, zweifelhaften Geisteszuständen, u. a. bringt der Autor viele Themen zusammen, die bisher voneinander isoliert in seinen Texten auftauchten. Dazu kommt sein vom Debutroman an vorhandener Hang zu unheimlichen und magischen Begegnungen und Vorgängen mitten im Alltagsleben; Kehlmann selbst hat in der heutigen Ausgabe der "Kulturzeit" auf 3Sat seinen neuen Roman als "neoromatisches Schauerroman" bezeichnet. Ganz so weit würde ich nicht gehen.
Doch was er kann, was er echt gut kann, das ist das Herstellen von Verbindungen, die andernorts als konstruiert und künstlich daher kämen. Der episodenhaft erzählte Roman um die drei Brüder Martin, Iwan und Eric lässt den Leser ein und den selben Moment erst aus der Perspektive der einen, zig Seiten später dann aus der Perspektive der anderen Figur nachvollziehen. Sämtliche Sampling-Momente kommen so raffiniert und natürlich daher, dass ich mich selbst beim Lesen dabei ertappe und mich fast darüber ärgere, wie genial ich diesen Autor finde.
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