Vor der Morgenröte (2016) ... Maria Schrader kenne ich als wunderbare Schauspielerin, z.B. in dem deutschen Kinofilm Aimée & Jaguar von 1999. Dass sie auch noch selbst Filme macht, war mir neu. Dass sie das gut macht, davon habe ich mich anhand ihres zweiten Werkes Vor der Morgenröte neulich überzeugt. Die österreichisch-deutsch-französische Koproduktion erzählt von den Exiljahren des Wiener Autors Stefan Zweig, episodenhaft von 1936 bis zu seinem Freitod 1942.
Stefan Zweig ist einer der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Viele von euch kennen sicherlich seine Schachnovelle (1942) oder vielleicht auch seine fast romanhaften Biografien (z.B. über Napoléon, Magellan, Tolstoi). Zweig war um 1940 weltweit eine der angesehensten Künstlerpersönlichkeiten, auf seine Sicht auf weltpolitische Geschehnisse wurde großer Wert gelegt. So auch im fernen Südamerika, wo der überzeugte Pazifist einen Großteil seiner Exiljahre verbrachte. Der Film zeigt toll auf, wie er versucht, sich aus der Ferne eines eindeutigen Urteils zu erwehren, wie er in der neuen Heimat doch nie ganz heimisch wird. Das war wohl auch der Grund für den Suizid, den er gemeinsam mit seiner zweiten Frau Lotte im brasilianischen Petrópolis beging und mit dem der Film folgerichtig endet. Die Zerstörung seiner „geistigen Heimat Europa“ hatte ihn für sein Empfinden entwurzelt, seine Kräfte seien „durch die langen Jahre heimatlosen Wanderns erschöpft“, so sein Abschiedsbrief (Quelle).
Der Film hat aber auch viele großartig-komische Momente zu bieten, zum Beispiel wenn ein brasilianisches Musikkorps verzweifelt versucht, einen Wiener Walzer zu schmettern, wenn Zweig von Dorf zu Dorf chauffiert wird und auf aufgeregte Provinzbürgermeister trifft oder er sich von seiner ersten Ehefrau den Kopf zurecht rücken lässt. Gekrönt wird das ganze von tollen Schauspielern und dem unwiederstehlichen Wiener Dialekt.
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