Über Leipzig habe ich in den letzten
Jahren viel geschrieben in diesem Blog.
Ich habe das Wachstum meiner Balkonpflanzen und den ersten Schnee in jedem Jahr euphorisch in Wort
und Bild dokumentiert, schöne grüne Ecken im Stadtgebiet
vorgestellt und mich über verfallene Kirchen geärgert.
Ich habe die Kauflandfilialen in Gohlis
und Lindenau kurz nach ihrer Eröffnung getestet und mein Entzücken
über die üppige Lichtspielhauslandschaft kundgetan.
Im Theater, auf der Buchmesse, auf dem WGT, auf Konzerten, überall
bin ich gewesen und habe davon erzählt.
Ich habe mich empört über
Straßenbahnfahrer gezeigt und bis dato in drei verschiedenen
Wohnungen gelebt, welche hier teils ausführlichst präsentiert
wurden.
Ich habe von meinem
Autogenes-Training-Seminar berichtet und vom Uni-Alltag, von Lektürelisten und Hausarbeiten.
Ich habe die Badeseen gepriesen und die
Radfahrerfreundlichkeit der Stadt und des Umlandes.
Der geneigte Leser war live dabei, als
ich die ersten Sushi-Schritte tat und das Limonadensortiment der hiesigen Getränkeläden kritisch beäugte.
Das alles – und noch so viel mehr –
ist also Leipzig. Nun stoplerte ich auf einem von mir sehr befürworteten Blog über den Aufruf
an Blogger aus dieser schönen Stadt, den eigenen, persönlichen Leipziger Lieblingsort
vorzustellen.
Wie das, wenn die Stadt an sich ein
einziger Lieblingsort ist? Was stellt man da vor? Den See, an den man
in wärmeren Tagen fährt, so oft es die Zeit zulässt? Den Balkon,
auf dem man mehr Pigmente abbekommen und gute Abschlussarbeitsideen
gesammelt hat, als auf eine handelsübliche Kuhhaut passen? Die
Fußgängerampel in der Innenstadt, an der man vor Jahren bei Rot im
Regen stand, bis einem jemand von hinten seinen Regenschirm über den
Kopf hielt, der sich für einen schließlich als der Mensch
schlechthin herausstellte? Den Bahnsteig, an dem mit Piccolo und
M&M's das Jubiläum gefeiert wird? Das Schließfach Nr. 37?
Sie alle kämen infrage. Nach einigem
Nachdenken habe ich mich dann für einen Ort entschieden, der für
mich persönlich sehr wichtig geworden ist. Dort gibt es Ruhe, aber
nicht zu viel davon, und reichlich Natur. Es handelt sich um eine
Bank im Palmengarten, eben jenem Parkstück, das meiner Wohnung am
nächsten liegt und sowohl zu Fuß als auch mit dem Rad in Windeseile
erreicht ist. Sobald im Frühling des vergangenen Jahres die ersten
wärmenden Sonnenstrahlen sich ankündigten, habe ich diese Bank wie
ferngesteuert zu meiner Lesebank auserwählt. Balzacs Unbekanntes
Meisterwerk und Flauberts Madame Bovary habe ich hier
gelesen, dem Springbrunnen und den Vögeln zugesehen, die Kinder und
die Hunde beobachtet, im Sommer auch die Liebespaare, die unterhalb
des eisernen Pavillons gegenüber im Schatten eines Baumes dösten.
Ich habe darauf allein gesessen oder sie mir mit einem älteren Herrn oder einer jungen Mutter mit Kinderwagen geteilt. An manchen, meist an den sonnigsten Tagen ließ ich mich auf der benachbarten Bank nieder, weil der Sehnsuchtsort gänzlich besetzt war.
Diesen Platz möchte ich unter keinen Umständen mehr missen.
Die Lieblingsbank ist die rechte hinterm Baum, Pavillon im Hintergrund |
Vom Pavillon aus geknipst - Jetzt ist die Bank die linke der beiden ;) |
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