Seit Wochen spricht alle Welt von Edward Snowden, einem 1983 im Bundesstaat North Carolina geborenen Mann, den Wikipedia in seiner Hauptfunktion als 'Whistleblower' bezeichnet. Das kommt vom Verb 'to blow a whistle', das heißt 'jemanden verpfeifen' oder passender: 'etwas aufdecken'.
Snowden hat etwas ganz Gewaltiges aufgedeckt, nämlich das tatsächliche Ausmaß der Überwachung von Bürgern, auch unverdächtigen, durch ihren eigenen Staatsapparat. Er war technischer Mitarbeiter bei der CIA (Central Intelligence Agency) und der NSA (National Security Agency). Dabei gelangte er an Informationen über streng geheime Programme, welche von US amerikanischen und britischen Geheimdiensten zur Überwachung von Telekommunikation und Internet verwendet werden. Diese Infos hat Snowden im vergangenen Mai an einen Journalisten des britischen Blattes The Guardian weitergeleitet. Im Juni erschien darüber ein großer Artikel, allerdings ohne die bis dahin noch geheime Quelle Snowden. Ein paar Tage später lüftete er seine Identität.
Seitdem kommen immer mehr gruselige Details ans Licht, diplomatische Beziehungen geraten ins Wanken, aus Science Fiction wird zunehmend Realität.
Und ehe ich hier falsch verstanden werde: ich finde es uneingeschränkt gut, dass diese Dinge ans Licht gekommen sind. Ich möchte um Himmels Willen nicht in einer Welt leben, in der Persönlichkeitsrechte derartig mit den Füßen getreten werden. Und da ist Deutschland ehrlich gesagt keinen Deut besser als die USA oder Großbritannien, nur weil Letztere aktuell mehr Dreck am Stecken haben. Auch lässt sich mit diesen Enthüllungen ein besseres Bild von US-Präsident Barack Obama erstellen; sein Nobelpreis rückt darüber gleich in ein etwas anderes Licht.
Fatal finde ich zudem die Einschätzung unseres Bundespräsidenten Joachim Gauck, der Snowdens Verhalten als 'puren Verrat' und mit Verständnislosigkeit geißelt. Bedenkt man, dass Gauck der erste Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde war, engagiert als 'oberster DDR-Aufarbeiter', muss man sich fragen, wo sein Gerechtigkeitsverständnis mittlerweile Urlaub macht. Für ihn ist Snowden auch ein 'Whistleblower', nur nicht in der aufdeckenden, sondern der verpetzenden Übersetzungsweise.
Fatal finde ich aber auch die regelrechte Anbetung, die Snowden von einem Großteil der Menschen zuteil wird. Er wird heroisiert, mancherorts wird der Friedensnobelpreis gefordert, gerade für die junge, internetaffine Generation avanciert er zum Halbgott. Wer das übertrieben formuliert findet, der klicke sich einfach mal durch Blogs oder Facebook und lese vor allem die Kommentare.
Denn neben allen Verdiensten, die er zweifelsohne erbracht hat - ich schreibe das so beharrlich, weil es so viele gibt, welche aus so einem Eintrag nur den kritischen Teil bemerken - ist Edward Snowden für mich persönlich vor allem auch eine zwielichtige Gestalt. Da geht es - wichtig - nicht um das, was er getan hat, sondern darum, wie es geschah. Wieso war es ihm einige Tage nach Veröffentlichung der Sachlage dann doch wichtig, dass er namentlich als der Enthüller bekannt wurde? Er selbst betonte immer wieder, dass es nicht ihm um ihn selbst, sondern um die Sache geht. Wieso ging er so spät damit an die Öffentlichkeit? Laut seiner eigenen Aussagen im erwähnten Guardian-Artikel wusste er schon seit 2007, wie weitreichend die Geheimdienste operieren.
Ich finde, dass diese und andere Ungereimtheiten Dinge sind, die stutzig machen dürfen, was die öffentlich gewordene Person Snowden und ihre Motive betrifft. Er war nicht naiv als er die Informationen weitergab und sich obendrein zur Enthüllung seiner Personalie entschloss. Der Rest der Welt sollte dies auch nicht sein.
2 Kommentare:
Schon einmal daran gedacht, dass seine Prominenz ihm eine ganze Menge Schutz verschafft? Wenn niemand von Snowden wüsste, sondern nur von seinen Erkenntnissen/Enthüllungen, würde dieser wesentlich gefährlicher leben als ohnehin schon.
Zur Frage warum nicht eher: bitte, es gehört schon verdammt viel Mut dazu, sein Leben komplett aufzugeben und zu wissen, dass nichts mehr sein wird wie vorher. Diese Entscheidung darf ruhig einige Jahre reifen finde ich...
Das sind alles Argumente, die mir bekannt sind und die ich nicht abstreite.
Nichtsdestotrotz finde ich den Personenkult, der teils betrieben wird, mehr als bedenklich. Damit meine ich nicht die Berichterstattung bei ARD, Süddeutsche und Co., sondern das, was man von Gruppierungen und Privatpersonen im Netz zum Teil zu lesen bekommt.
Da wird jetzt schon ein Mythos aufgebaut, den Snowden so sicher auch nicht wollen kann, den er aber selbst tatkräftig mit angefeuert hat. Ich finde, dass sein Versuch einer bescheiden wirkenden Selbstdarstellung kräftig nach hinten losgegangen ist.
Selbst bei 'Helden' der Moderne muss auch ein Hinterfragen möglich sein.
Kommentar veröffentlichen