Dieser Tag beginnt mit Regen. In der Nacht war im Zuge des Hitzegewitters schon einiges heruntergekommen und nun regnen sich die Nachzüglerwolken noch ordentlich ab. Also nehmen wir den Linienbus nach Worms hinein und lassen die Räder stehen. Gegen Mittag zieht es auf, und der Tag entpuppt sich doch noch als ebenso warm wie die vorherigen.
Auch nach einem ausgedehnten Spaziergang durch die Stadt muss ich sagen, dass Worms nicht übermäßig schön ist. Aber es hat einen sehr speziellen Charme, etwas Morbides, das ich im Laufe des Tages noch besser kennenlernte.
Unser erster Weg führte uns in die Judengasse. Diese schmale Straße war 1000 Jahre lang das Zentrum des jüdischen Lebens in Worms gewesen; heute zeugen davon nur noch die um 1960 nach alten Plänen wieder aufgebaute Synagoge und das jüdische Museum in einem Nachbarhaus. Die Nazis haben in den Dreißiger und Vierziger Jahren das jüdische Worms ausgelöscht, doch auch in den Jahrhunderten davor waren sie immer wieder Anfeindungen ausgesetzt, mehrfach war die Judengasse ghettoisiert worden. All dies kann man im jüdischen Museum sehr gut nachvollziehen. In Worms gibt es übrigens den ältesten jüdischen Friedhof Europas.
Dann nähern wir uns St. Peter, dem Wormser Dom. Er ist der jüngste und kleinste der drei Kaiserdome und war mir in Literaturgeschichte an der Uni schon häufiger begegnet. Unter seinem Nordportal findet in der Nibelungensage der Königinnenstreit zwischen Brünhild und Kriemhild statt. Sie streiten darum, welche von beiden den ranghöheren Ehemann hat und demzufolge zuerst eintreten darf.
Nordportal - Königinnenstreit |
Glasfenster von Heinz Hindorf |
Hochaltar |
Südseite des Doms |
Außerdem gibt es in der Wormser Altstadt noch ein paar bemerkenswerte Brunnen:
Winzerbrunnen auf der Kämmererstraße |
Siegfriedbrunnen am Rathaus, im Hintergrund: Dreifaltigkeitskirche |
Schicksalsradbrunnen auf dem Obermarkt |
In Worms ist mal nicht Goethe, sondern Luther allgegenwärtig. Hier hat er auf dem Wormser Reichstag 1521 seine Thesen gegenüber Kaiser Karl V verteidigt (Originaltext der Rede). Ein pompöses Denkmal und viele Inschriften an Kirchenhäusern erinnern daran.
In Worms steht außerdem noch ein recht großer Teil der Stadtmauer. Ein paar der alten Stadttore kann man noch bewundern. In und unter einem besonders großen erhaltenen Mauerstück befindet sich das Nibelungenmuseum, dass dem Besucher den Stoff und die Sage näherbringt.
Eine der schönsten Ecken von Worms ist die Rheinpromenade. Hier kann man in der Sonne gut entspannen, entweder auf einer der vielen Bänke oder im Freisitz einer gastronomischen Einrichtungen. Das Hagenbräu kann ich zu diesem Zweck empfehlen. An der Promenade befindet sich auch das Hagen-Denkmal. Es stellt Hagen von Tronje aus der Nibelungensage dar, wie er den Schatz der Nibelungen in den Rhein wirft.
Hagen-Denkmal |
Eine letzte Besonderheit sind die Weinfelder. An mehreren Stellen im Wormser Zentrum wird nämlich Wein angebaut; die bekannteste Fläche ist jene an der Liebfrauenkirche, auf welcher die originale Liebfrauenmilch angebaut wird (einzigartig, aber untrinkbar). Der große und auffällige gotische Kirchenbau steht durch die Weinfelder ziemlich allein in der Landschaft, was ein skurriles Bild abgibt.
Der Abend bestand aus Spazieren am Rhein und einem Glas argentinischen Rotweins im Biergarten der Herberge - Stärkung für die letzte Teilstrecke am Folgetag!
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