Wer in Erfurt auch nur ansatzweise regelmäßig ins Kino geht, kennt Sigrun Richter. Bei fast jedem meiner Besuche im Erfurter Kinoklub sehe ich sie. Die ältere Frau sieht immer etwas wüst aus, scheut sich nicht davor, jüngere Kinogänger zurechtzuweisen, wenn sie etwa einen unqualifizierten Kommentar abgeben oder die Füße auf die Lehne des Vordersitzes legen. Auf den ersten Blick ist sie eine ziemlich wunderliche Alte, die so manchen nervt und oft unbehagliche Situationen verursacht.
Aber eigentlich ist Sigrun Richter die coolste Frau von ganz Erfurt. Die 79-Jährige geht seit 70 Jahren so oft wie möglich ins Kino, meist mehrmals pro Woche. Den Erfurter Kinoklub, der in dieser Woche seinen 40. Geburtstag feiert, besucht sie seit der ersten Stunde. Manchmal guckt sie alle drei Filme, die in dem kleinen Programmkino am Tag laufen, hintereinander. Dazu bestellt sie sich immer ein großes Glas Kirschschorle.
Mir ist sie, wie gesagt, schon sehr oft aufgefallen. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass die Thüringer Allgemeine in dieser Woche ein großes Portrait über dieses Erfurter Original angedruckt hat. So oft hatte ich mich gefragt, was hinter der sonderbaren Rentnerin für eine Geschichte steht, und nun ist meine Neugier endlich beruhigt.
Thüringer Allgemeine vom 7. Mai 2015, Erfurter Ausgabe, Seite 15 (Lokales) |
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