Freitag, Juni 13, 2014

Rheinradweg - Tag 5: Worms

Dieser Tag beginnt mit Regen. In der Nacht war im Zuge des Hitzegewitters schon einiges heruntergekommen und nun regnen sich die Nachzüglerwolken noch ordentlich ab. Also nehmen wir den Linienbus nach Worms hinein und lassen die Räder stehen. Gegen Mittag zieht es auf, und der Tag entpuppt sich doch noch als ebenso warm wie die vorherigen.

Auch nach einem ausgedehnten Spaziergang durch die Stadt muss ich sagen, dass Worms nicht übermäßig schön ist. Aber es hat einen sehr speziellen Charme, etwas Morbides, das ich im Laufe des Tages noch besser kennenlernte.

Unser erster Weg führte uns in die Judengasse. Diese schmale Straße war 1000 Jahre lang das Zentrum des jüdischen Lebens in Worms gewesen; heute zeugen davon nur noch die um 1960 nach alten Plänen wieder aufgebaute Synagoge und das jüdische Museum in einem Nachbarhaus. Die Nazis haben in den Dreißiger und Vierziger Jahren das jüdische Worms ausgelöscht, doch auch in den Jahrhunderten davor waren sie immer wieder Anfeindungen ausgesetzt, mehrfach war die Judengasse ghettoisiert worden. All dies kann man im jüdischen Museum sehr gut nachvollziehen. In Worms gibt es übrigens den ältesten jüdischen Friedhof Europas.




Dann nähern wir uns St. Peter, dem Wormser Dom. Er ist der jüngste und kleinste der drei Kaiserdome und war mir in Literaturgeschichte an der Uni schon häufiger begegnet. Unter seinem Nordportal findet in der Nibelungensage der Königinnenstreit zwischen Brünhild und Kriemhild statt. Sie streiten darum, welche von beiden den ranghöheren Ehemann hat und demzufolge zuerst eintreten darf.

Nordportal - Königinnenstreit

Glasfenster von Heinz Hindorf

Hochaltar

Südseite des Doms

Außerdem gibt es in der Wormser Altstadt noch ein paar bemerkenswerte Brunnen:

Winzerbrunnen auf der Kämmererstraße

Siegfriedbrunnen am Rathaus, im Hintergrund: Dreifaltigkeitskirche

Schicksalsradbrunnen auf dem Obermarkt

In Worms ist mal nicht Goethe, sondern Luther allgegenwärtig. Hier hat er auf dem Wormser Reichstag 1521 seine Thesen gegenüber Kaiser Karl V verteidigt (Originaltext der Rede). Ein pompöses Denkmal und viele Inschriften an Kirchenhäusern erinnern daran.



In Worms steht außerdem noch ein recht großer Teil der Stadtmauer. Ein paar der alten Stadttore kann man noch bewundern. In und unter einem besonders großen erhaltenen Mauerstück befindet sich das Nibelungenmuseum, dass dem Besucher den Stoff und die Sage näherbringt.



Eine der schönsten Ecken von Worms ist die Rheinpromenade. Hier kann man in der Sonne gut entspannen, entweder auf einer der vielen Bänke oder im Freisitz einer gastronomischen Einrichtungen. Das Hagenbräu kann ich zu diesem Zweck empfehlen. An der Promenade befindet sich auch das Hagen-Denkmal. Es stellt Hagen von Tronje aus der Nibelungensage dar, wie er den Schatz der Nibelungen in den Rhein wirft.

Hagen-Denkmal


Eine letzte Besonderheit sind die Weinfelder. An mehreren Stellen im Wormser Zentrum wird nämlich Wein angebaut; die bekannteste Fläche ist jene an der Liebfrauenkirche, auf welcher die originale Liebfrauenmilch angebaut wird (einzigartig, aber untrinkbar). Der große und auffällige gotische Kirchenbau steht durch die Weinfelder ziemlich allein in der Landschaft, was ein skurriles Bild abgibt.



Der Abend bestand aus Spazieren am Rhein und einem Glas argentinischen Rotweins im Biergarten der Herberge - Stärkung für die letzte Teilstrecke am Folgetag!

Samstag, Juni 07, 2014

Rheinradweg - Tag 4: von Heidelberg über Mannheim nach Worms

Von Heidelberg kann man sich kaum lösen ... aber es muss ja weitergehen. Die Route führt am Neckar entlang über das wunderschöne Ladenburg zur Mündung in den Rhein bei Mannheim (ästhetisch indiskutabel), von da nach Norden den Rhein entlang bis Worms, bzw. in das ca. 9km nördlich davon gelegene Rheindürkheim, wo sich die nächste Unterkunft befindet. Die Gesamtstrecke mit allen Ausflügen belief sich auf ca. 60km.


Bis zur Mündung des Neckars in den Rhein folgen wir nun also dem Neckartalradweg. Er führt uns zunächst über das Gelände der Universitätsklinik Heidelberg und am Zoo vorbei über ein paar Dörfer, bis wir die Ortschaft Ladenburg erreichen. Ladenburg ist eine wundervoll idyllische Kleinstadt direkt am Neckar mit einer beeindruckenden Historie. Der Ort rühmt sich, die älteste deutsche Stadt rechts des Rheins zu sein. Es gibt eine auffällig große und reichgeschmückte katholische Kirche (St. Gallus), die aus der Zeit stammt, in der Ladenburg Residenzsitz war. Ein körperlich Behinderter führt uns durch die Kirche und hat allerlei Anekdoten zur Ausstattung und Geschichte parat. Der Marktplatz gehört zu den besterhaltenen Fachwerkensemblen Deutschlands. Außerdem gibt es in Ladenburg das Automuseum Dr. Carl Benz in der historischen Fabrikhalle des Autoherstellers.

Marktplatz Ladenburg mit Mariensäule und St. Gallus-Kirche


Kurz hinter Ladenburg überqueren wir den Neckar und fahren nun südlich des Flusses Richtung Mannheim weiter. Je näher wir dieser Stadt kommen, desto weiter wollen wir von ihr weg sein - es ist wirklich nicht schön hier. Es gibt laut der Googlebildersuche zwar auch sehr schöne Ecken, mit Schloss und tollen Sakralbauten und Wasserturm, etc., aber das, was man vom Fluss aus sieht, wirkt sehr uneinladend - viel Beton, graue Platte, Zweckmäßigkeit. An der Neckarmündung wird das leider nicht besser, Schwer- und Chemieindustrie links und rechts des Rheins. 

Der Neckar (links) mündet bei Mannheim in den Rhein, mit BASF-Kulisse

Bald steht die erste und letzte Schifffahrt unserer Tour an: wir überqueren einen Arm des Altrheins mit einer kleinen Fähre. Der Fährmann ist ein entspannter Mann um die 60 und unsere Fahrräder und wir sind an diesem brütendheißen Tag auf dieser Fahrt die einzigen Passagiere.

Auf der Weiterfahrt stellen wir verdutzt fest, dass wir gar nicht mehr in Baden-Württemberg sind, sondern mittlerweile durch Hessen radeln. Anhand der Kfz-Kennzeichen wird deutlich, dass wir uns in der Nähe der Vettel-Hochburg Heppenheim befinden. In Lampertheim machen wir eine längere Pause und decken uns in einem Supermarkt mit neuen Getränken ein - mittlerweile ist es schwülheiß geworden. Dabei beobachten wir zwei Kinder, denen beim Verlassen des Ladens Münzgeld herunterfällt. Sie beäugen es von oben und legen dann fest, dass sie zu faul sind sich danach zu bücken, und sie gehen weiter. Wir sind sprachlos.

Worms macht sich schon von Weitem durch den Dom und vor allem das Nibelungentor bemerkbar. Dieser gewaltige Bau befindet sich am Ende der Nibelungenbrücke, die wir nach Worms hinein überqueren müssen.


Beim ersten Durchfahren der Stadt tritt ein wenig Ernüchterung ein - anscheinend hat der Krieg viele Lücken in die Altstadt gerissen, die dann mit mittelschönen Füllgebäuden zugebaut worden sind, sodass Worms nicht einmal ansatzweise an den Charme und die Schönheit von Speyer oder Heidelberg heranreicht. Wir bereuen es etwas, dass wir nicht in einer dieser Städte, sondern in Worms einen extra Besichtigungstag einlegen.

Doch erstmal fahren wir noch weitere 9km den Rhein hinab, um nach Rheindürkheim zu gelangen. Dabei geht es vor allem durch Gewerbe- und Industriegebiete. Schließlich kommen wir in unserer Herberge, dem Gasthof Halbgewachs, an. Die Zimmer haben ihren Zenit lange hinter sich, die Dusche ist auch nicht ganz in Ordnung, aber für zwei Nächte geht das mal. Dafür ist das Restaurant umso besser - die Leute kommen aus vielen umliegenden Orten, um hier zu essen und zu feiern, die Wochenenden sind stets mit Hochzeiten und anderen Großveranstaltungen ausgebucht. Die Karte ist sehr ausgewählt, nicht gerade preiswert und das Essen ist hervorragend. Abends machen wir noch einen Spaziergang an das Rheindürkheimer Rheinufer und durch den - unspektakulären - Ortskern. Dann braut sich das lang überfällige Hitzeunwetter zusammen.

Schiffahrtstradition in Rheindürkheim

Das von der ortsansässigen SPD gepflegte Rheinufer

Dienstag, Juni 03, 2014

Übrigens ...

... seit heute kann man auf Bier in Leipzig in einem Gastbeitrag von mir lesen, wie uns das Bier am Rhein geschmeckt hat und wo man da gut was essen und trinken kann!

Rheinradweg - Tag 3: Radeln nach und Besichtigen von Heidelberg

Heidelberg liegt zwar nicht am Rhein, aber man kann es nicht einfach so unbesucht lassen, wenn man einmal in dieser Ecke ist, also unternahmen wir die recht kurze Strecke von nur ca. 33km von Speyer nach Heidelberg. Es ging viel über Felder und durch kleinere Ortschaften.



Auf dem Weg dahin sollte man die Kleinstadt Schwetzingen mit ihrer historischen Altstadt und vor allem dem Schloss und seinem Garten nicht links liegen lassen. Der Schlossgarten verfügt über einen englisch und einen französisch angelegten Teil, einen See und einer Sammlung seltener Gehölze.

Eingang des Schwetzinger Schlosses

Dank der kurzen Strecke kamen wir schon kurz nach Mittag in der Herberge, dem Steffis Hostel in Heidelberg an. Das ganz neu eingerichtete Hostel (eröffnet 2009) befindet sich in einer alten, denkmalgeschützten Fabrik, einem großen Ziegelbau im industriellen Teil Heidelbergs. Das Zimmer war ausreichend groß und gut eingerichtet (Doppelbett, zwei Korbsessel, kleiner Tisch), die sanitären Anlagen waren top.


In diesem Bau befindet sich das Hostel

So schnell wie möglich machten wir uns in die Altstadt auf, wir wollten unbedingt ausreichend Zeit für die Besichtigung der Schlossruine haben. Und das hat sich wirklich gelohnt! Um 1690 wurde dieses bedeutende Renaissancebauwerk während eines Erbfolgekrieges teilweise zerstört, zurück blieb eine eindrucksvolle, riesige Ruinenanlage. Hier befindet sich übrigens auch das größte Weinfass der Welt mit einem Fassungsvermögen von ca. 220.000 Litern. Dreimal war es zur Gänze gefüllt. Es empfiehlt sich ein Audioguide, durch den man viele interessante Anekdoten erfährt.

Innenhof mit Prachtfassaden

Der gesprengte Pulverturm

Ostansicht vom Schlossgarten aus

Auch sonst ist die Altstadt voller toller Ecken. Es gibt viele sehenswerte Kirchen, schön sind auch die alten Universitätsgebäude, die alte Brücke und das dazugehörige Brückentor, und die vielen schönen Straßen und Gassen. Überall gibt es gemütliche Einkehrmöglichkeiten. Zu erwähnen wäre z. B. die Kulturbrauerei, die Yuppie-Version einer Gasthausbrauerei mit tollen Bieren und teurem Essen. Bodenständiger geht es da beispielsweise im Irish Pub The Dubliner oder im Drugstore auf der Kettengasse zu, wo man in der touristenüberfüllten Altstadt tatsächlich auch mal auf schachspielende Einheimische trifft.

Vieles von dem, was wir uns gern angesehen hätten, haben wir an diesem einen Nachmittag/Abend natürlich nicht geschafft, allem voran das Universitätsmuseum und der Studentenkarzer, aber auch das Kurpfälzische Museum wäre sehr interessant gewesen.

Heidelberg ist übrigens auch so eine Stadt, die an allen Ecken und Enden darauf hinweist, was Goethe an welcher Stelle gemacht hat. Auf dem Schloss (die Ruine hat Goethe sehr beeindruckt) gibt es beispielsweise eine Goethebank, ein Denkmal, einen Goethe-Ginkgobaum und eine Tafel, die darauf hinweist, dass Goethe von hier aus jenen gesprengten Turm gezeichnet hat.