Donnerstag, März 31, 2016

Filmrückschau

Superschnelle Quick-Edition Teil 2

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Jarhead (2005) ... Was als konventioneller Kriegsfilm beginnt und an ein in den Irakkrieg 1990 verlegtes "Full Metal Jacket" erinnert, wird zu einem fast poetischen Erlebnis. Es geht um die Monotonie des in brütender Hitze monatelang wartenden Soldaten - die von plötzlichen Schockerlebnissen apokalyptischen Ausmaßes gebrochen wird: Sie Soldaten um "Swoff" (Jake Gyllenhall) erleben den Highway of Death und das Schauspiel hunderter brennender Ölquellen, die den Tag zur Nacht machen und Öl regnen lassen. Und am Ende kommt die große Desillusionierung. Super besetzt - und hinterlässt einen bösen Geschmack.

Taxi Driver (1976) ...  Aus der Kategorie: Filme, die ich schon lange mal gesehen haben wollte. Und das lohnt sich! Robert De Niro als vereinsamter, wahnhafter Taxifahrer, der "seine Stadt vom Schmutz" befreien will und eine 14-jährige Jodie Foster als minderjährige Prostituierte. Dafür erhielt sie zahlreiche Filmpreise und als bis dahin jüngste Schauspielerin eine Oscar-Nominierung.

The Wrestler (2008) ... Im Deutschen mit dem unsäglichen Untertiel "Ruhm, Liebe, Schmerz" versehen, erzählt der Film die tragische Geschichte eines abgehalfterten Show-Kämpfers, bei dem es auch privat nicht rund läuft. Intensiv und anrührend gespielt. Ein sehr überraschender Film von Darren Aronofsky, der bis dahin nicht durch klassisches Erzählkino aufgefallen war. 

Der Krieg des Charlie Wilson (2007) ... Trotz üppiger Hollywood-Besetzung (Tom Hanks, Julia Roberts, Amy Adams, Philip Seymour Hoffman) ist diese Polit-Satire weitestgehend blass und unbeachtet geblieben. Solide gespielt, einige urkomische Momente. Aber am bemerkenswertesten ist, dass in der unglaublichen Handlung nur sehr wenig Fiktion und viel reale Historie steckt.

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Hearts of Darkness - Reise ins Herz der Finsternis (1991) ... Diese Doku entstand parallel zu den 16-monatigen Dreharbeiten zu Francis Ford Coppolas Vietnam-Epos "Apocalypse Now". Den gesamten Entstehungsprozess hat seine Frau mit einer 16mm-Handkamera festgehalten. Von Besetzungs- und Ehekrisen, Naturkatastrophen und anderen Dingen, die die Fertigstellung des Films immer wieder in Frage stellten, erfährt der Zuschauer hier - und sieht den eigentlichen Film danach mit anderen Augen.

Montag, März 28, 2016

Filmrückschau

Es hat sich viel angesammelt, deswegen eine superschnelle Kurzausgabe.

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Interstellar (2014) ... Ich scheine fast der einzige Mensch in meinem Umfeld zu sein, der den Film nicht zu lang(atmig) fand. Die philosophische Schiene am Ende geht vielleicht ein bisschen schief und ja, die letzten paar Minuten sind unnötig und klären vielleicht etwas zu viel auf. Aber ich habe ihn genossen. Zumal Science Fiction selten so gut besetzt und herausragend gespielt ist.

Memento (2000) ... Einzigartig gemachtes Drama! Das Besondere: Der Handlungsstrang wird in Schwarzweiß chronologisch und in Farbe in entgegengesetzter Reihenfolge erzählt. Diese Erzählweise korrespondiert mit dem lädierten Gedächtnis der Hauptfigur - Leonard, gespielt von Guy Pearce, kann keine neuen Erinnerungen mehr speichern. Aber das ist eigentlich schon zuviel verraten ...

Half-Baked (1998) ... Kult-Kiffer-Komödie mit David Chappelle, die man wohl auch in entsprechendem Zustand schauen sollte. Denn sonst zünden wirklich nur wenige Gags.

Der verbotene Schlüssel (2005) ... Sehr gut besetzter und atmosphärisch dichter Horrorfilm (Kate Hudson, Peter Saarsgard, John Hurt, Gena Rowlands). Das Grusel-Potenzial der US-Südstaaten wird hier gut ausgereizt. Kam bei der Kritik schlecht weg (unausgegorenes Drehbuch, Vorhersehbarkeit, etc.), mich Memme kriegt man aber auch mit so etwas schockiert. 

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Mikrokosmos - Das Volk der Gräser (1996) ... Französischer Dokumentarfilm über Wieseninsekten. Die Zeitschrift Filmdienst schreibt: "Kein Naturfilm im herkömmlichen Sinn, sondern ein Kommentar zu einer ungeahnten Parallelwelt", und das kann man so auch stehen lassen. Die Doku hat fünf Césars gewonnen (französischer Filmpreis) und war auch in Cannes erfolgreich. Durch die extremen Makroaufnahmen, die Superzeitlupe und Hochgeschwindigkeitskameras sieht man ihm auch auf einem HD-Fernseher sein Alter von 20 Jahren nicht an.


Freitag, März 25, 2016

Neue Reihe: Erfurter Gotteshäuser

Ich bin weder evangelisch noch katholisch, aber Kirchen kann ich viel abgewinnen. Wenn ich mir eine Stadt ansehe, dann zählen die ein, zwei, drei großen Kirchen im Zentrum sicherlich zu meinen Anlaufpunkten. Erfurt, das auch Stadt der Türme genannt wird, ist an Kirchen nicht gerade arm. In den kommenden Monaten möchte ich daher immer mal ein Exemplar vorstellen.

Die Andreaskirche (Markierung) unweit von Domplatz und Zitadelle

Los geht es mit der Andreaskirche am Fuße des Petersberges in der Andreasstraße, direkt an der Straßenbahnhatestelle. Sie gibt dem Viertel, in dem ich wohne, seinen Namen. Der heutige Kirchenbau wurde um 1370 vollendet, wenn auch mehrfach noch erweitert und umgebaut. Erstmals erwähnt wurde die Kirche im 12. Jahrhundert. Sowohl von innen als auch von außen ist sie relativ unscheinbar, birgt aber etwas Einzigartiges: Hier befindet sich seit 1727 das einzige Holzmodell für das Bronzeepitaph, das ursprünglich das Grab von Martin Luther bedecken sollte. 

Ein halbwegs berühmter Thüringer war hier 1772 bis 1781 Pfarrer: Christian Gotthilf Salzmann. Dieser Reformpädagoge hat eine der ersten philanthropischen Schulen im deutschen Raum gegründet, das Philanthropin Schnepfenthal, heute das Sprachenspezialgymnasium "Salzmannschule". Die Andreasglocke bimmelt seit 1599 unbeschadet im Andreasturm. Die Kirche hat täglich geöffnet, meist ist ein ehrenamtlicher Mitarbeiter der Gemeinde da - Vorsicht, die sind äußerst redselig.

Die Andreaskirche

Der Holzepitaph

Im Inneren der Kirche

Dienstag, März 22, 2016

Die Buchmesse in Leipzig

Von Donnerstag bis Samstag war ich in Leipzig, um mir ein paar Lesungen anzusehen. Ich war in diesem Jahr erstmals nicht auf dem Messegelände, dafür aber bei einigen schönen Literaturabenden. 

Am Donnerstag ging es zur Langen Leipziger Lesenacht in die Moritzbastei. Hier geben sich abwechslungsreiche Lesungsblöcke parallel in vier Räumen, preiswerte und leckere Getränke sowie das einzigartige Umfeld der MB die Klinke in die Hand. Besonders gelohnt hat sich Yevgeniy Breyger ("Flüchtige Monde", kookbooks), ein bisschen enttäuscht war ich von Ahne ("Zwiegespräche mit Gott. Das vierte Buch", Voland & Quist). 

Ulrike Almut Sandig in der Galerie Kub

Am Freitag ging es in die Südvorstadt zur Expedition Lyrik. Die (ziemlich kühle) Galerie KUB war der Schauplatz für zehn Autoren und einen Countertenor (Hurz!). Besonders gerne habe ich hier Niklas L. Niskate und Ulrike Almut Sandig zugehört. Niklas macht mit seinen "Privatnachrichten an Lem" (parasitenpresse) fast so eine Art Lautpoesie, Ulrike las ihre Märchen-Adaptionen "Grimm" (Schöffling & Co) in so einem herrlichen Singsang, dass ich ewig zuhören könnte.

Menno Wigman liest seine niederländischen Gedichte, Verleger Adrian Kasnitz die Übersetzungen

Samstag fand die Verlagslesung der parasitenpresse aus Köln statt. Und zwar in einer mir vollkommen neuen Location, der Projektwohnung Krudebude am Stannebeinplatz in Neustadt-Neuschönefeld. In diese Ecke hat es mich in acht Jahren Leipzig nicht verschlagen. Aus dem aktuellen Verlagsprogramm lasen außer dem Herzallerliebsten zum Beispiel der sehr tolle Georg Leß ("Schlachtgewicht") und der niederländische Dichter Menno Wigman ("Im Sommer stinken alle Städte"), der eine richtige Entdeckung für mich war.

Mario Osterland (Bild: Mirko Lux)