Montag, Januar 22, 2018

Der Jahreswechsel in Salzburg


Den Jahreswechsel 2017/18 haben wir im wunderschönen Salzburg verbracht. Hier haben wir Josef besucht, den wir vor knapp zwei Jahren durch die von ihm betriebene Literaturzeitschrift mosaik kennengelernt haben. Gemeinsam mit seiner wunderbaren Freundin Vicky lebt er in einer Altstadtwohnung, direkt an den Kapuzinerberg gebaut, für die man zum Mörder werden möchte.

Genächtigt haben wir in einer Einraumwohnung, die wir über airbnb gefunden haben - wenn man sich Ende November überlegt, den Jahreswechsel in so einer beliebten Stadt wie Salzburg zu verbringen, ist das das einzig bezahlbare. Frühstück gab es beim Bäcker im nahen Einkaufszentrum oder - noch besser - bei Kaffee Alchemie. Gereist sind wir wie immer mit der Deutschen Bahn, was in diesem Fall ausnahmslos gut geklappt hat. Sogar auf der neuen München-Erfurt-Strecke ;).

Festung Hohensalzburg
Salzburg ist fast ein bisschen zu schön, um wahr zu sein, und deswegen auch arg kitschig. Gerade bei gutem Wetter ist die Skyline der barocken Kuppeln kaum zu glauben. Für Barock-Freunde gibt es entsprechend viel zu sehen, allem voran der Dom mit seiner schicken Fassade - übrigens die älteste barocke Kirchenfassade nördlich der Alpen. Das Kloster St. Peter im Altstadtkern ist das älteste im deutschen Sprachraum und ebenfalls sehr sehenswert. Der Benediktinen-Frauenstift Nonnberg ist ebenmal so das älteste durchgehend betriebene Frauenkloster der Welt - und so reiht sich hier Superlativ an Superlativ.

Als bedeutendste Profanbauten sind u.a. die Schlösser (Schloss Mirabell, Schloss Leopoldskron, Schloss Hellbrunn und zahlreiche weitere im Umland), der bischöfliche Residenzpalast mit dem Salzburg Museum und Mozarts Geburtshaus vorzuheben. Wichtig, aber wenig hübsch ist das legendäre Festspielhaus. Und da ist natürlich die alles überragende Festung Hohensalzburg, die ich aus Zeitgründen nicht besichtigt habe.

Unbedingt lohnenswert ist die Aussicht vom Mönchsberg - im Süden erstrecken sich die Alpen, im Osten breitet sich die ganze Altstadt vor dem Betrachter aus. Man gelangt entweder über die Festspielstiege, einen Fahrstuhl oder grüne Wege auf der Südseite des Berges hinauf. Da oben befinden sich auch das Salzburger Museum der Moderne, die ein oder andere gastronomische Möglichkeit sowie ein gemütlicher Spazierweg zur Festung.

Aussicht vom Mönchsberg

Literaturfreunde kommen in Salzburg ebenfalls auf ihre Kosten: Peter Handke lebte hier lange Jahre, ebenso wie Stefan Zweig. Georg Trakl ist hier geboren und aufgewachsen. Eine interessante Entdeckung in diesem Zusammenhang, gefunden in der sehr gut sortierten Rupertus Buchhandlung, ist die Essay-Sammlung Salzburger Orte der Weltliteratur, in der neben den oben Genannten noch viele weitere namhafte Schriftsteller Platz gefunden haben.

Mehr Bilder gibt es hier.

Samstag, Januar 13, 2018

Kurztrip nach Goslar

Am dritten Adventswochenende war ich mit Mann und Schwiegereltern für zwei Tage in Goslar. Das historische Örtchen ist für die gut erhaltene Altstadt, die Kaiserpfalz und zum Jahresende für seinen hübschen Weihnachtsmarkt bekannt (Highlight: der Weihnachtswald!). Den haben wir auch ausgiebig besucht, sind durch die mittelalterlichen Gassen geschlendert und haben das Stadt- sowie das Zinnfigurenmuseum besichtigt. 

Glücklicherweise waren wir Donnerstag bis Samstag vor Ort - während die Altstadt Freitag schon gerappelt voll war, hatten wir Donnerstag noch schön Platz. Ich empfehle einen Besuch im Brauhaus Goslar, dem letzten Gosebrauhaus der Stadt, und eine ausgiebige Besichtigung der Kaiserpfalz. Außerdem sollte man bei entsprechendem Wetter auch einen der Türme der Stadtkirche St. Cosmas und Damian besteigen. Genächtigt haben wir in einer hübschen Ferienwohnung in einem Fachwerkhaus.


Die Kaiserpfalz



Dienstag, Januar 09, 2018

Der Leseherbst in Erfurtjenaweimar

Gorch Maltzen in Eisenach
Der Leseherbst beginnt Ende August, denn diese Veranstaltung fand nach meinen "Lesesommer"-Posting statt: Am 26. August gab es in Eisenach das Sommerfest der Poesie der Literarischen Gesellschaft Thüringen (LGT). An insgesamt drei Orten stellten sich verschiedene lokale und regionale Autoren vor, die LGT präsentierte ihre Projekte und Lesereihen. Unter anderem auch "In guter Nachbarschaft". In der ehrwürdigen Reuter-Wagner-Villa stellten Mario Osterland und Peter Neumann die Veranstaltungsreihe vor und lasen auch selbst. Dazu gab es vom Nachbarschafts-Homie Gorch Maltzen supergute Kurzprosa. Am Abend konnte man sich dann von der Arbeit des Poetryfilmkanals überzeugen sowie von den mittlerweile weithin bekannten Thüringer Dichterinnen Nancy Hünger und Daniela Danz.

Am 14. Oktober gab es im Jenaer Kunstverein dann "Heimische Arten und Bodenkunde". Mario Osterland und André Schinkel stellten ihre neuen Gedichtbände vor, vom obersupertollen littlemanlost aus Erfurt kam die Musik dazu.

Mario Osterland las spät
Am 20. Oktober mussten sich die Erfurter Literaturinteressierten entscheiden: Zur Spätlese ins Haus Dacheröden oder zum Release der Anthologie "Wortwald" ins Naturkundemuseum? Sie haben wohl ziemlich genau halbe-halbe gemacht, denn beide Veranstaltungen waren gerammelt voll. Bei der Spätlese, wie immer charmant moderiert von Ryo Takeda, gab es Texte der unterschiedlichsten Qualitäten. Das reichte von vorgelesenen Mädchenblogtexten ohne Poesie, aber mit Moral, über charmanten Amateurrap aus Ilmenau bis zu ausgefeilter Prosa von Mirandolina Babunashvili und Gorch Maltzen. Auch Mario Osterland war mit frisch veröffentlichten Gedichten am Start. Die Spätlese ist ein Format der Erfurter Herbstlese. Parallel dazu stellte die "Aktionsgruppe Eskapismus" im Naturkundemuseum ihre brandneue Anthologie vor, in der u.a. auch Arne Hirsemann, der ehemalige Stadtschreiber von Heiligenstadt, vertreten ist.

Whoop whoop! Die mittlerweile 14. Ausgabe von "In guter Nachbarschaft" fand am 4. November im Erfurter Franz Mehlhose statt. Der Berliner Arzt und Schriftsteller Daniel Ketteler las aus seinem Roman "Grauzone", wobei die Lesung immer wieder in ein wildes Harakiri-Elektro-Konzert überging. Dabei wurde er von DJ Ernst Wawra unterstützt - denn gemeinsam sind sie Elektro Willi und Sohn! Als dann auch noch die legendäre Deborah auf die Bühne kam, war die Action perfekt. Ich habe selten ein derart euphorisches "Nachbarschafts"-Publikum erlebt ("Das war geil!"). Ein hochinteressantes Gespräch über die Verbindung von Literatur und Medizin und die psychiatrischen Probleme Berliner Kulturschaffender rundete die Veranstaltung ab.

Elektro Willi und Sohn feat Deborah

In der Villa Rosenthal
Apropos rund: Einen absolut runden Abend habe ich am 17. November in der Jenaer Villa Rosenthal erlebt. Die herrschaftlich getäfelten, warm ausgeleuchteten Erdgeschossräume der Villa waren eine tolle Kulisse für die Gedichte von Mario Osterland, Christine Hansmann und vor allem die Arrangements von Anna Carewe am Cello und Oli Bott am Vibraphon. Mit viel Leichtigkeit haben sie sich durch Jazz- und Klassikwerke vergangener Jahrhunderte musiziert.


Am 7. Dezember fand die ebenso ambitionierte und hochinteressante wie mies besuchte Lesung "Read Poetry. Read [it] kook.txt" im Kunsthaus Erfurt statt. Die Kookbooks-Verlegerin Daniela Seel ist mit eigenen  Gedichten - nämlich einem atmosphärisch unglaublich dichten Island-Zyklus - und den Verlagsautoren Birgit Kreipe und Steffen Popp nach Erfurt gekommen. Dazu gab es ein Gespräch zwischen Moderator Mario Osterland und Daniela Seel, in dem die Rahmenbedingungen, unter welchen unabhängige Literatur entsteht, seziert worden sind.

Tags drauf dann das große "Nachbarschafts"-Finale für 2017: die insgesamt 15. Ausgabe von "In guter Nachbarschaft" war ganz Wassily Kandinsky gewidmet. Im gut besuchten Weimarer Kulturzentrum mon ami stellten der Berliner Autor, Philosoph und Kulturvermittler Alexander Graeff und der Übersetzer Alexander Filyuta das wenig bekannte lyrische Werk des Malers, Kunsttheoretikers und Pädagogen Kandinsky vor. Dazu gab es Musik von niemand geringerem als der Thüringer Jazz-Legende Conny Bauer, der bereits vor Jahren das Theaterstück "Der gelbe Klang" von Kandinsky als Posaunenimprovisation vertont hat. Von dem hervorragend choreografierten Abend, der Musik, den Gedichten und den Erläuterungen Graeffs war das Publikum hellauf begeistert. Ein würdiger Abschluss des Lesejahres.

Conny Bauer (links) und Alexander Graeff

Freitag, Januar 05, 2018

Filmrückschau

Willkommen in Rileys Kopf
Alles steht Kopf (2015) ... Unbedingt gucken! Einer der originellsten Kinderfilme der letzten Jahre. Diese Pixar-Produktion spielt sich größtenteils im Kopf der Protagonistin Riley ab, die gerade mit ihren Eltern von Minnesota nach San Francisco gezogen ist - was bei ihr ziemliches Gefühlschaos auslöst. Und da wären wir auch schon bei den eigentlichen Hauptfiguren des Films - Rileys Gefühlen. Freude, Kummer, Angst, Wut und Ekel sitzen in Rileys Gehirn an den Schalthebeln (vgl. Bild - Quelle) und versuchen das elfjährige Mädchen so gut es geht durch den Alltag zu navigieren. Bis Kummer es so richtig verbockt und das mit Freude wieder geradebiegen muss... Zwar konservativ erzähltes, aber sehr erfrischendes Abenteuer!


Der Weg nach El Dorado (2000) ... Den hatte ich bis dato immer nur auszugsweise, aber nie im Ganzen gesehen. Dieser Zeichentrickfilm über die Suche zweier cleverer Taugenichtse nach dem großen Reichtum im Südamerika ist größtenteils unterhaltsam, überraschend anzüglich bzw. erotisch aufgeladen, aber leider auch voller nerviger Lieder. Und vom Humor her ein mäßiger Aufguss des großartigen "Ein Königreich für ein Lama", ebenfalls von 2000. Denn Wettlauf zweier exotischer Stories in ähnlichem Setting gewann dann auch folgerichtig die Disney-Produktion um den in ein Lama verzauberten König Cuzco (oh yeah!) um Längen gegen den Dramworks-Film um die Schatzsuche, sowohl bei der Kritik als auch den Zuschauerzahlen.

Blood Diamond (2006) ... Ein DiCaprio-Film par excellence: politisch brisantes Thema (Bürgerkrieg in Sierra Leone, Versklavung, Handel mit Blutdiamanten) und eine moralisch flexible, schlitzohrige, und [SPOILER!] sich am Ende für das Gute opfernde Hauptfigur. Leo ist natürlich wie immer super, ebenso wie die meisten anderen Akteure. Der Film hat vielleicht ein paar Längen und kommt hier und da zu sehr mit der hollywoodschen Pathoskeule (die finale Szene!), zeigt aber überraschend kompromisslos auf, wie es abseits unserer europäischen Komfortzone zugeht. Absolut zugute halten muss man "Blood Diamond" außerdem, dass er die Gefühle der Figuren Danny Archer und Maddy Bowen füreinander zwar thematisiert, diese aber ganz unkitschig behandelt und die beiden nicht im klassischen Sinne zusammenfinden lässt. (Bildquelle)

Aufeinander angewiesen: Solomon Vandy (Djimon Hounsou) und Archer (DiCaprio)

Super-Hypochonder (2014) ... Der Regisseur und Schauspieler Dany Boon hat sich mit "Willkommen bei den Sch'tis" 2008 sehr verdient gemacht. Nur leider dreht er seitdem fast immer den gleichen Film, z.B. "Nichts zu verzollen" oder "Willkommen im Süden" (letzterer ist die italienische Version des Sch'ti-Films). Und so ist "Super-Hypochonder" zwar eine streckenweise ganz witzige Verwechslungskomödie und versucht sich auch mit einer politischen Dimension (illegale Einwanderung, nahöstliche Diktaturen, ...), bleibt aber blass.