Mittwoch, Februar 24, 2016

Was man in Erfurt so machen kann: ein kleines Kulturwochenende

Freitagabend - Konzert im Franz Mehlhose
Bild: www.franz-mehlhose.de

Das Franz Mehlhose ist ein Kulturcafé am südlichen Rand der Altstadt, direkt an der großen Kreuzung Juri-Gagarin-Ring/Löberstraße. Im Erdgeschoss eines schnuckeligen roten Jugendstilaltbaus liegt es also zentral, aber reizlos gelegen - egal, drinnen vergisst man die große Kreuzung draußen ganz schnell. Denn hier ist es gemütlich, es gibt viele leckere Getränke, guten Kuchen und eine Auswahl an kalten und warmen Speisen. Regelmäßig gibt es hier auch Veranstaltungen, von Impro-Theater bis Live-Hörspiel, von Stummfilmabend bis Konzert. 

So zum Beispiel am vergangenen Freitag. Da gaben sich die Grandbrothers die Ehre, ein Duo aus Düsseldorf. Erol klimpert am Klavier und Lukas am Notebook herum. Aber das Klavier ist irgendwie getuned und Lukas drückt auch nicht nur aller zwei Sekunden eine Taste ... Überall im Piano sind kleine Hämmerchen installiert. Der Mann am Notebook steuert sie, er kann damit live auf Saiten, Holz und Metall schlagen, während der andere "ganz profan" den Flügel spielt. Zusammen hat das einen sehr atmosphärischen Klang ergeben, mal treibend, mal melancholisch, aber immer überzeugend.


Das Haus blickt übrigens auf eine lange Historie zurück: 1911 eröffnete Franz Mehlhose in diesem Räumlichkeiten ein Restaurant, in dem es neben einer Kegelbahn und einem Billardsaal auch Musik, Akrobatik und allerlei Amusement gab. 1937 verkaufte seine Witwe das Haus, eine Tischlerei eröffnete. Zu DDR-Zeiten war in dem Gebäude die VEB Kontakt-Bauelemente Berlin untergebracht. 150 Mitarbeiter montierten hier Schalter. Nach der Wende wurden Berufsbekleidung und Brautmoden verkauft. 2008 erwarb der Erfurter Ralf Neues das marode Haus, um es wieder seiner alten Bestimmung zuzuführen. Seit 2010 gibt es das Franz Mehlhose, betrieben von Herrn Neues und seinem Sohn.


Samstagnachmittag - Naturkundemuseum

Das Erfurter Naturkundemuseum habe ich schon öfter besucht. Es ist sicher das beste seiner Art, in dem ich bisher war. Die Dauerausstellung wartet mit vielen tollen Besonderheiten auf, z.B. der Arche Noah im Untergeschoss - hier kann man auf einem auf hoher See wankenden Schiff viele beeindruckend lebendig aussehende ausgestopfte Tiere bewundern und gleich noch etwas über ausgestorbene Arten lernen. Das Ersgeschoss und die drei oberen Stockwerke des Hauses mitten in der Erfurter Altstadt zentrieren sich um einen künstlichen Baum. Von Etage zu Etage kann man ein anderes "Geschoss" der Eiche erkunden. Dazu gibt es viele Tierpräparate in originalgetreu gestalteter Naturumgebung zu sehen und sogar ein paar echte Tiere - Ameisen, Mäuse und Ratten. Ein paar ausgestopfte Tiere darf man auch ganz explizit "streicheln". Viele Spiele laden dazu ein, die Zeit zu vergessen: Welcher Vogel macht diesen Laut? Die Rinde welchen Baumes fasst sich so an? Und man lernt natürlich eine Menge!

Foto: Frank Danz

Tipp: Direkt gegenüber ist die Altstadtkneipe Noah (ich weiß, die Webseite ist nicht so der Knaller). Über 40 Sorten Bier, sensationell gute Kneipenkost und ein urgemütliches Ambiente lassen hier viele Abende länger werden als geplant. Erfurter vom Studenten bis zum Senioren kehren hier gern ein, Touristen eher seltener. Im Sommer hat der wunderschöne Biergarten im Hinterhof geöffnet. Aber der Laden ist beliebt: Sogar unter der Woche empfiehlt es sich zu reservieren. 


Samstagabend - Theater in der Schotte

In der Erfurter Schottenstraße versteckt sich eines der besten Amateurtheater Deutschlands, die Schotte. Zwei-, dreimal die Woche gibt es hier ambitioniertes Schauspiel von Menschen, die das mit Leidenschaft betreiben, aber nie professionell gelernt haben. Die Schotte läuft unter dem Label "Kinder- und Jugendtheater", aber gerade die Abendvorstellungen am Wochenende werden überwiegend von erwachsenem Kulturpublikum besucht. Wir haben uns "Hamlet" angesehen, das anständig inszeniert war, mit clever gemachtem Bühnenbild und originellen Kostümen. Ein paar der Schauspieler haben richtig brilliert, ich möchte hier Johanna Hitzek (Ophelia) herausheben, die sogar in der Thüringer Landeszeitung dafür schon gelobt wurde. Einziges Manko: Manche Schauspieler haben teilweise viel zu leise gesprochen und/oder ihren Text typisch mittelthüringisch weggenuschelt. Das sollte nicht sein, auch wenn sie keine Schauspielausbildung und kein Sprechtraining genossen haben. Für 11 Euro (ermäßigt sogar nur 5,50 Euro) lohnt es sich aber allemal und wir planen, uns dort weitere Stücke anzusehen.

Foto: Die Schotte / Lutz Edelhoff

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