Donnerstag, Juni 16, 2016

Kultur in Thüringen: Literaturfestivals

Da sage mal einer, in Thüringen wäre in Sachen Literatur nichts los. In den letzten Tagen war sogar so viel los, dass man Entscheidungen treffen musste. Vorgestern lasen beispielsweise parallel der Autor, Herausgeber und Übersetzer Hans Thill und Alexander Hacke, Bassist der Einstürzenden Neubauten.

Die Entscheidung fiel zugunsten von Herrn Hacke, der im "Franz Mehlhose" seine im letzten Jahr erschienene Autobiografie "Krach - Verzerrte Erinnerungen", erschienen im Metrolit-Verlag, vorstellte. Er hat das Buch anlässlich seines 50. Geburtstages in der kalifornischen Wüste geschrieben. Der Abend war sehr unterhaltsam, eine schöne Mischung aus Lesung, frei erzählten Anekdoten und guter Musik an der Klampfe.

Alexander Hacke las aus seiner Biografie.

Am Wochenende fanden in Thüringen gleich zwei Literaturfestivals statt - die etablierten Thüringer Literaturtage auf Burg Ranis und das in diesem Jahr debütierende "Festival der Unlesbarkeit", das in der stillgelegten Braugold-Brauerei im Erfurter Süden stattfand. Der Kompromiss bestand daraus, auf den Eröffnungsabend des Erfurter Festivals zu gehen und Samstag und Sonntag auf der Burg zu verbringen.

Am Eröffnungsabend des Festivals der Unlesbarkeit las der unvergleichliche Dietmar Dath aus größtenteils neuen Texten. Das Publikum lag teilsweise regelrecht vor Lachen. Der Mann ist so gewitzt und klug, dass es fast wehtut. Im Anschluss folgte ein Gespräch zwischen Dath und Alban Nikolai Herbst, das sehr einseitig geriet. Recht banalen Fragen Herbsts folgten verschachtelte Satzkaskaden von Dietmar Dath, nach denen man weder deren Anfang noch die Frage mehr wusste. Aber unterhaltsam war es dennoch. Später am Abend spielte die Band Slow Steve und es konnte zu einem DJ abgezappelt werden.

Dietmar Dath (links) und Alban Nikolai Herbst

Ranis ist eine kleine Stadt im Saale-Orla-Kreis, etwa 5km von Pößneck entfernt. Die nächste etwas größere Stadt ist Saalfeld, von Erfurt benötigt man mit dem Regionalzug und einmal Umsteigen in Jena circa anderthalb Stunden bis dahin. Ranis ist ein niedlicher kleiner Ort in einer idyllischen grünen Landschaft, über allem thront die Burg, die im 11. Jahrhundert das erste Mal erwähnt wurde. Von der Burg aus kann man wunderbar in die Ebene schauen. Die Burggebäude sind größtenteils gut in Schuss, dort oben gibt es ein Burgmuseum und einige größere Salons und Säle, die für Veranstaltungen der verschiedensten Art gut geeignet sind.


Das Festival fand größtenteils im Burghof statt. Hier lasen José Oliver, Sasa Stanisic und Katharina Thalbach, hier gab es Singer-Songwriter-Schalala von Max Prosa zu hören. Die Lyriker Nancy Hünger, Carolin Callies und Jovan Nikolic lasen, begleitet vom Percussionisten Kay Kalytta, im großen Saal im zweiten Obergeschoss des Palas'. Dazu fand die Literaturwerkstatt, in diesem Jahr unter Leitung von José Oliver, statt.

Die Atmosphäre auf der Burg - alte Mauern, neue Texte, die Aussicht - war wirklich phantastisch. Übernachtet wurde im rund anderthalb Kilometer entfernten Gästehaus Papilio. Das einzige, das an Ranis ausbaufähig ist, sind die Öffnungszeiten und generell Verfügbarkeiten gastronomischer Einrichtungen.


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