Fremdschämen inklusive
Laue Lüftchen und flaue Witzchen sind gemeinhin Merkmale des Sommertheaters. Pünktlich zum Frühlingsanfang jedoch ließ das Centraltheater mit "Arsen und Spitzenhäubchen" ein solches schon einmal aufleben. Dabei hätte das Stückchen schwarzer Humor in seinem boulevardesken Wahnsinn durchaus Potenzial gehabt.
Ein munteres Leichenverwechslungsspiel trägt sich im Heim der Schwestern Martha und Abby Brewster zu, die einem männermordenden Hobby frönen. Ihr Haus ist als Mischung aus Eingangshalle und Esszimmer auf die Bühne gestellt. Derart opulent ist die Kitschkulisse aufgeblasen, dass sie nicht zur Ironisierung taugt, sondern selbst noch dem Realismus verpflichtet ist. Gleiches gilt für das gewollt lustige Spiel. Espritlose Dialoge, seichte Flachsereien: Eine Pflichtübung für die Schauspieler, deren gute Leistung nichts Positives bewirkt. Auch das zwischenduch reizvolle Spiel mit den Darstellungsweisen verschiedener Filmgenres kann hiervon nicht ablenken. Und das ewige Mantra der Besonderheit der Theatersituation, der Dummheit der Kritiker und dergleichen kann man auch nicht mehr hören.
Mit gutem Willen lässt sich die Inszenzierung als Hintreiben der Publikumserwartungen verstehen, die mit platten Lachern abgespeist werden - Fremdschämen inklusive. Es bleibt unentschieden, ob diese Inszenierung so trivial wie peinlich ist, um die Zuschauerlust zu bedienen oder sie vorzuführen. Erträglicher macht dieser Schwebezustand Hartmanns Komödienstadel allerdings nicht.
(Tobias Prüwer in der Maiausgabe des Kreuzers über die Inszenierung von Kesselrings "Arsen und Spitzenhäubchen" durch Sebastian Hartmann)
Diese Kritik habe ich am Morgen nach meinem Theaterbesuch zum besagten Stück gelesen - mit dem Resultat, dass ich sie wohl guten Gewissens und mit zumindest 90%iger Übereinstimmung unterzeichnen könnte. Eine bestimmte Erwartung hatte ich an "Arsen und Spitzenhäubchen" nicht. Ich wusste inhaltlich grob, worum es geht, und dass es sich bei der Inszenierung im Leipziger Centraltheater um eine eher klassisch gehaltene handeln sollte. So war es dann auch: klassisch ist in diesem Falle wohl das schönende Pendant zu "eingestaubt und frei von Höhepunkten". Jeder gute Ansatz, den das Stück aufwies, wurde bis in die Unerträglichkeit übertrieben. Viele Slapstickelemente wurden eingebaut - und zwar die gleichen immer und immer wieder. Es hat eigentlich nur das eingespielte Lachen eines fingierten Publikums gefehlt. Dem Hauptdarsteller muss ich ein unheimliches komödiantisches Talent zusprechen, doch war seine erste Panikattacke noch lustig, nervte sie beim zweiten und dritten und vierten und xten Mal umso mehr. In einer Szene versuchte man sich auch mit der Imitation eines Mantel- und Degenfilms (nur das man Löffel statt Letzterem benutzte), was auch wirklich witzig begann. Überhaupt - witzig ... alles sollte witzig wirken, das Stück bettelte minütlich um Lacher. Überraschend war in dieser Inszenierung so gut wie gar nichts (mit Ausnahme des Pferdes, das etwa 20 Sekunden lang über die Bühne schritt und ebenso schnell, wie es aufgetaucht war, wieder verschwand). Die Kulisse sah für meine Begriffe salopp gesagt scheiße aus. Keiner der Schauspieler war schlecht oder unüberzeugend, aber viele Charaktere nervten einfach und das schon nach fünf Minuten. Das in der Rezension angesprochene Potenzial des Stücks hätte man so schön in der morbiden Handlung ausleben können: zwei ältere, angesehene Damen ermorden in ihrem Haus mit Arsen einen einsamen, ausgegrenzten Menschen nach dem anderen, um "sie von ihren Leiden zu erlösen" und fühlen sich dabei furchtbar wohltäterisch, veranstalten sogar Miniaturtrauerfeiern, während die Toten im Keller begraben werden. Im Keller - der Satz "Die haben doch Leichen im Keller" durfte natürlich nicht fehlen, wie so ziemlich jede deutsche Redewendung aufs dümmlichste und plakativste bildlich dargestellt wurde. Da haben dann auch die älteren Herrschaften im Publikum nicht mehr gelacht. Der Applaus am Ende fiel entsprechend mau aus.
Dennoch würde ich nicht sagen, dass es rausgeschmissenes Geld war - auch das kann man mal gesehen haben. Und - mit diesem Ende des Textes hat wohl nach dem Verriss keiner mehr gerechnet - ich empfehle euch: Geht ab und an mal ins Theater. 5 Euro kostet's den Studenten im Centraltheater, selbst in der ersten Platzkategorie, in jedem Stück. Ich plane, das in Zukunft einmal im Monat übrig zu haben. Mein nächster Termin: der 17. Mai, Inszenierung von Clemens Meyers Roman "Als wir träumten", im Centraltheater Leipzig.
Laue Lüftchen und flaue Witzchen sind gemeinhin Merkmale des Sommertheaters. Pünktlich zum Frühlingsanfang jedoch ließ das Centraltheater mit "Arsen und Spitzenhäubchen" ein solches schon einmal aufleben. Dabei hätte das Stückchen schwarzer Humor in seinem boulevardesken Wahnsinn durchaus Potenzial gehabt.
Ein munteres Leichenverwechslungsspiel trägt sich im Heim der Schwestern Martha und Abby Brewster zu, die einem männermordenden Hobby frönen. Ihr Haus ist als Mischung aus Eingangshalle und Esszimmer auf die Bühne gestellt. Derart opulent ist die Kitschkulisse aufgeblasen, dass sie nicht zur Ironisierung taugt, sondern selbst noch dem Realismus verpflichtet ist. Gleiches gilt für das gewollt lustige Spiel. Espritlose Dialoge, seichte Flachsereien: Eine Pflichtübung für die Schauspieler, deren gute Leistung nichts Positives bewirkt. Auch das zwischenduch reizvolle Spiel mit den Darstellungsweisen verschiedener Filmgenres kann hiervon nicht ablenken. Und das ewige Mantra der Besonderheit der Theatersituation, der Dummheit der Kritiker und dergleichen kann man auch nicht mehr hören.
Mit gutem Willen lässt sich die Inszenzierung als Hintreiben der Publikumserwartungen verstehen, die mit platten Lachern abgespeist werden - Fremdschämen inklusive. Es bleibt unentschieden, ob diese Inszenierung so trivial wie peinlich ist, um die Zuschauerlust zu bedienen oder sie vorzuführen. Erträglicher macht dieser Schwebezustand Hartmanns Komödienstadel allerdings nicht.
(Tobias Prüwer in der Maiausgabe des Kreuzers über die Inszenierung von Kesselrings "Arsen und Spitzenhäubchen" durch Sebastian Hartmann)
Diese Kritik habe ich am Morgen nach meinem Theaterbesuch zum besagten Stück gelesen - mit dem Resultat, dass ich sie wohl guten Gewissens und mit zumindest 90%iger Übereinstimmung unterzeichnen könnte. Eine bestimmte Erwartung hatte ich an "Arsen und Spitzenhäubchen" nicht. Ich wusste inhaltlich grob, worum es geht, und dass es sich bei der Inszenierung im Leipziger Centraltheater um eine eher klassisch gehaltene handeln sollte. So war es dann auch: klassisch ist in diesem Falle wohl das schönende Pendant zu "eingestaubt und frei von Höhepunkten". Jeder gute Ansatz, den das Stück aufwies, wurde bis in die Unerträglichkeit übertrieben. Viele Slapstickelemente wurden eingebaut - und zwar die gleichen immer und immer wieder. Es hat eigentlich nur das eingespielte Lachen eines fingierten Publikums gefehlt. Dem Hauptdarsteller muss ich ein unheimliches komödiantisches Talent zusprechen, doch war seine erste Panikattacke noch lustig, nervte sie beim zweiten und dritten und vierten und xten Mal umso mehr. In einer Szene versuchte man sich auch mit der Imitation eines Mantel- und Degenfilms (nur das man Löffel statt Letzterem benutzte), was auch wirklich witzig begann. Überhaupt - witzig ... alles sollte witzig wirken, das Stück bettelte minütlich um Lacher. Überraschend war in dieser Inszenierung so gut wie gar nichts (mit Ausnahme des Pferdes, das etwa 20 Sekunden lang über die Bühne schritt und ebenso schnell, wie es aufgetaucht war, wieder verschwand). Die Kulisse sah für meine Begriffe salopp gesagt scheiße aus. Keiner der Schauspieler war schlecht oder unüberzeugend, aber viele Charaktere nervten einfach und das schon nach fünf Minuten. Das in der Rezension angesprochene Potenzial des Stücks hätte man so schön in der morbiden Handlung ausleben können: zwei ältere, angesehene Damen ermorden in ihrem Haus mit Arsen einen einsamen, ausgegrenzten Menschen nach dem anderen, um "sie von ihren Leiden zu erlösen" und fühlen sich dabei furchtbar wohltäterisch, veranstalten sogar Miniaturtrauerfeiern, während die Toten im Keller begraben werden. Im Keller - der Satz "Die haben doch Leichen im Keller" durfte natürlich nicht fehlen, wie so ziemlich jede deutsche Redewendung aufs dümmlichste und plakativste bildlich dargestellt wurde. Da haben dann auch die älteren Herrschaften im Publikum nicht mehr gelacht. Der Applaus am Ende fiel entsprechend mau aus.
Dennoch würde ich nicht sagen, dass es rausgeschmissenes Geld war - auch das kann man mal gesehen haben. Und - mit diesem Ende des Textes hat wohl nach dem Verriss keiner mehr gerechnet - ich empfehle euch: Geht ab und an mal ins Theater. 5 Euro kostet's den Studenten im Centraltheater, selbst in der ersten Platzkategorie, in jedem Stück. Ich plane, das in Zukunft einmal im Monat übrig zu haben. Mein nächster Termin: der 17. Mai, Inszenierung von Clemens Meyers Roman "Als wir träumten", im Centraltheater Leipzig.
10 Kommentare:
Ich hab dazu nichts zu sagen, außer dass ich vll auch mal wieder ins Theater gehen sollte. Naja, stattdessen mülle ich dich nun mit Songs des Tages voll, weil ich keine Lust mehr hab über Zwangsstörungen zu lesen:
Maps - Yeah Yeah Yeahs
The Man Who Would Be King - Libertines
Baby's On Fire - Venus in Furs (sprich die Velvet Goldmine Version)
The Negative Sex - IAMX
Blood Theme - Daniel Licht
Das hat dich nun sicher unglaublich interessiert^^
das hat es in der tat, liebe sandra!
schön, dass noch wer "maps" von den yeah yeah yeahs kennt...tolles lied, tolle band!
ach...velvet goldmine...schwule, glitzernde, laute menschen *g* großartig.
http://www.youtube.com/watch?v=8EDFDFWJxig
hab ich glaub ich schon mal gesehen...oder? weiß nicht genau. kennst du den original videoclip zu dem lied? der is echt irre ^^
Den kannte ich nicht, aber...jetzt schon...hehe... "Irre" ist treffend.
Achja, um mal wieder unsere Jugend auszurollen: hast du das neue Placebo Video gesehne?
joa. der refrain ist zwar recht "catchy", aber es haut mich nicht wirklich um. irgendwie war der zenit schon vor vielen vielen jahren ... schade. for what it's worth - da muss ich immer an "weil ich es mir wert bin" denken. aber immerhin hatter wieder lange haare.
Bei der Musik hab ich schon lange aufgegeben... Aber es hat mich leicht amüsiert, dass er mich in dem Video an eine Mischung aus Nick Cave und PJ Harvey erinnert hat. Machen wohl die Kotletten.
nick cave? - hm, aber versprich mir, dass du wirklich nur die optik gemeint hast.
bei der musik aufgegeben - warst du nicht diejenige, die mich ermutigt hat, das "meds"-album öfter zu hören, mich reinzuhören, weil es gar nicht so schlecht ist, wie ich es immer gemacht habe?
Ja, die Optik. Obwohl der Vergleich eigentlich auch nicht hinhaut. Seltsamme Assoziation..hehe...
Und..nein? Ich hab Meds ja noch nicht mal auf CD. Das beste auf dem Album ist, dass Alison Mosshart beim Titelsong mitgemacht hat. Naja, und Drag mag ich.
hm. ach nee, dann wars wohl der bastian aus der uni. und/oder meine schwester.
Kommentar veröffentlichen