Die Erfurter Herbstlese ist ein Literaturfestival, das jedes Jahr im - Überraschung - Herbst in der Thüringer Landeshauptstadt stattfindet. Von September bis Dezember finden fast täglich an verschiedenen Orten (in Cafés, in den Stadtwerken, im Theater, in Buchhandlungen, ...) Lesungen mit bekannten und weniger bekannten Autoren statt. Martin Walser kann man sich ebenso anhören wie Poetry Slam, man kann zu Katja Petrowskaja gehen oder auch zu Birgit Schrowange. Und natürlich sind die Krimis und Thriller stark präsent.
Die in jedem Jahr beliebteste Veranstaltung ist jene mit Literaturkritiker Denis Scheck. Am Ende einer jeden Herbstlese nimmt er in einer großen Live-Veranstaltung das Bücherprogramm des aktuellen Jahres auseinander. Die Karten hierfür sind stets zuerst ausverkauft. Ob ich mir für 14 Euro einen dauerquasselnden Denis Scheck zwei Stunden lang anhören wollte, weiß ich nicht so recht. Generell kosten die Karten für die Herbstlese-Veranstaltungen verhältnismäßig viel, wenn ich bedenke, dass ich Jonathan Franzen, Daniel Kehlmann und andere Größen für drei oder vier Euro im Leipziger Haus des Buches lesen hören konnte.
Neulich Abend waren wir also bei Katja Petrowskaja. Sie las in der Buchhandlung "Hugendubel" am Anger in der Erfurter Innenstadt aus Vielleicht Esther, das im Frühjahr diesen Jahres bei Suhrkamp erschienen ist. Den Altersschnitt unter den Zuschauern würde ich auf Mitte Fünfzig schätzen. Definitiv waren wir die einzigen zahlenden Gäste unter Dreißig. Es war erfreulicherweise ausverkauft. In der Buchhandlung war es zugig und ungemütlich, aber die Autorin machte mit ihrer charmanten, witzigen Art alles wieder wett - obwohl sie selbst sehr stark erkältet war.
Zum Text möchte ich gar nicht viel sagen. Die Lesung aber war großartig, das Buch kennt die Dramen des 20. Jahrhunderts ebenso wie unwiderstehliche Komik. Es lohnt sich wirklich. Etwas gestört hat mich der Moderator, der teilweise sehr platte Fragen gestellt hat ("Ein deutscher Autor hätte das so sicher nicht schreiben können, oder?") und dem man zwar seine Kompetenz in Sachen Geschichte und Politik, aber nicht zwingend in Sachen Literatur anmerken konnte.