Wer gerne eine Vorgeschichte zu diesem Beitrag mag, dem empfehle ich diesen und diesen Beitrag. Erstere handelt ganz generell von meiner Fan-Biografie und wird spezieller, indem er auf die Placebo-Diskografie und meine Ansichten dazu eingeht. Der zweite behandelt meine Pläne, auf das gestern stattgefunden habende Konzert dieser Band zu gehen.
Meine Skepsis gegenüber Battle for the Sun habe ich ja schon ausreichend breitgetreten. Nun soll auch mal eine Albumkritik folgen, der auch ein intensives Hören der CD zugrunde liegt ;). Zusammen mit dem aktuellen Muse-Album (The Resistance) habe ich das jüngste Werk Placebos vor wenigen Wochen via Amazon bestellt. Schon diese Konstellation war nicht gut für Battle for the Sun, denn dass es nicht mit dem Longplayer von Muse mithalten können würde, war mir im Vorfeld schon mehr als klar.
Fangen wir mit der Optik an. Das Cover (siehe oben), na ja, haut jetzt keinen vom Hocker. Ne Sonnenfinsternis halt. Das Booklet sprüht auch nicht gerade vor lauter Kreativität, wobei ich die Fotos der Band und der einzelnen Musiker wirklich schön finde.
Beim Durchlesen der Titelliste fiel mir auf, dass die Songs heißen wie der neue Drummer aussieht - irgendwie pseudo-obercool und möchtegern-glamourös und was weiß ich nicht noch alles. "Kitty Litter", "Ashtray Heart", "Kings of Medicine" ... so könnten auch Lieder von Wanna-be-Goth-Bands wie Cinema Bizarre oder Down Below und Songs der späten (und schlechten) HIM heißen. Aber mal reinhören:
1. Kitty Litter
The way you're dancing makes me come alive. [...] You really start a fire! Das Lied braucht kein Mensch. Aussageloser, eintöniger, wenn auch treibender Rock, der nur in der letzten Minute mal ein paar Variationen zulässt. Die bringens aber auch nicht. Und der Text ist doof. 2/5
2. Ashtray Heart
Der Titel verrät schon, dass dieses Lied als eine Art Rückbesinnung gedacht sein könnte. "Ashtray Heart" war der erste Name von Placebo, unter dem allerdings noch keine Erfolge verbucht worden sind. Auch soundmäßig erinnert der Song nicht selten an das allererste Placebo-Album: verspielt, "perlend", viel tüdelü. Auch der Text fügt sich da hinein (used it to stub cigarettes, listened to your screams of pleasure). Übrigens die dritte Singleauskopplung. 4/5
3. Battle for the Sun
Der titelgebende Track ist der paradoxerweise schwächste des Albums. Er ist wie akustischer Kaugummi. Wenn Brian Molko denkt, dass ständige stupide Wortwiederholungen die beste Methode sind, um ein Lied auf die Länge von 5:32 Min zu peitschen, dann hat er sich gewaltig geirrt. Das erste Wort jeder Strophenzeile wird insgesamt vier mal wiederholt und das letzte Wort sogar sieben mal. I, I, I, I, I will pretend it didn't hurt, hurt, hurt, hurt, hurt, hurt, hurt, hurt. Nervtötend. 1/5
4. For what it's worth
Beim ersten Hören dieses Songs vor einigen Monaten (es war die erste Singleauskopplung) kam ich nicht umhin, immer an den Werbeslogan "Weil Sie es sich wert sind" zu denken. Das ist mittlerweile glücklicherweise vorbei. Und ich muss sagen, dass dieses Lied mir mit der Zeit immer sympathischer wurde. Es mag inhaltlich kein großer Wurf sein, aber ich kann mich diesem Lied einfach nicht entziehen und mich nicht davon abhalten, irgendein Körperteil rhythmisch dazu zu bewegen; zudem überrascht es mit experimentierfreudigen Passagen. 3,5/5
5. Devil in the Details
I've been waaaisting all my tiiime, with the devil in the detaaaaaiiihaaaails. Quäk, quäk, quäk. Selbst einen eingefleischten Placebo-Befürworter wie mich nervt diese Stimme dann und wann. Und hier ist das der Fall. Dazu kommt, dass der Song frei von Rhythmus und Harmonie zu sein scheint. 1/5
6. Bright Lights
Das Lied ist schön. Punkt. Einfach schön. Inhaltlich scheint es eine Art Rückblick Brian Molkos auf die Zeit zu sein, in der er noch dieser provozierende, drogensüchtige, herrlich schwule Giftzwerg war. Cast your mind back to the days, when I'd pretend I was okay. I had so very much to say about my crazy livin'. Now that I've stared into the void, so many people I've annoyed. I have to find a middle way, a better way of giving. Dass er diese Zeit aber nicht missen wollen würde (no one can take that away from me), kommt ebenso rüber. Gesungen wird dieser Text von einem stimmlich angenehm dezenten Molko; eine Tonlage, in welcher er tief singt, und eine, in der er hoch singt, wurden offensichtlich übereinander gelegt. Sogar das könnte man als Verbindung von Placebo heute und Placebo früher deuten. Klanglich erinnert es mich ein wenig an "Black-eyed". Und sogar die zuerst von mir sehr gescholtene Zeile A heart that hurts is a heart that works kann ich mittlerweile verschmerzen. 5/5
7. Speak in Tongues
Dieses Lied, das schwach beginnt, punktet in den letzten zweieinhalb seiner vier Minuten vor allem dadurch, dass es unheimlich mitreißend ist. Das bewirken zum einen der emotionale Gesang und zum anderen vor allem die schöne Verbindung aus Stadion-Gitarren-Rock und Piano. Die nur leise von Gitarre begleitete "Aaah"-Passage, welche das sonst weniger ruhige Lied in etwa bei der Hälfte unterbricht, ist wirklich gelungen. Einziger richtiger Störfaktor: Weee caaan build a new tomooooorrooow todaaay. Das ist irgendwie so ... bono-esk. 3,5/5
8. The never-ending Why
Nach zwei guten Liedern am Stück musste ja irgendwann wieder Mist kommen und das ist jetzt. Dem Refrain muss man zwar eine gewisse Catchyness zusprechen, aber ansonsten ist das glatter, überproduzierter Rock à la "Kitty Litter" (erstes Lied dieses Albums). Da stehen auch mal vollkommen kontextfrei so Zeilen wie And there's a body in the lake im Songtext rum. Die nie endende Frage nach dem Warum. Placebo haben sie sicherlich nicht beantwortet. 2/5
9. Julien
Während der ersten Minute dieses Songs dachte ich "Wow - geil". Zu Lowbass-Elektrogeschwurbel grummelt sich Brian Molko durch die Verse, es setzt eine wirklich ultracoole E-Gitarre ein, Textausschnitte wie Julien, you are slow motion suicide machen richtig Bock auf das Lied. Nach 1 Min 14 Sec ändert sich das allerdings ganz schnell. Dann setzt der leider viel zu oft benutzte Standardsound der CD ein und das schöne Elektrobums ist weg. Schade, schade. Aber schon für die erste Minute: 3,5/5
10. Happy you're gone
Keine schlechte Ballade, die ganz sacht beginnt. Im zweiten Drittel steigert sie sich ins Sehnsuchtsvoll-Mitreißende. Der Text passt schön dazu. Rundum homogener Song, der merkwürdigerweise die einzige richtige Ballade der Platte darstellt. "Speak in Tongues" (Lied 7) hat ebenfalls balladenhafte Züge, aber nicht in dieser Art. 3,5/5
11. Breathe under water
Dieser Song fügt sich wunderbar in die einfallslosen temporeichen Lieder, die dieses Album zu Hauf zu bieten hat, mit ein. Ob man jetzt "Kitty Litter", "The never-ending Why", "Battle for the Sun" oder das hier hört, macht eigentlich keinen großen Unterschied. 2/5
12. Come Undone
Ähnliches Phänomen wie 11., dabei aber mit mehr Mut zum Sich-Hervorheben, was sich vor allem an den Tempo- und Rhythmuswechseln zeigt und durch ein höheres Maß an Emotionalität in Text und Stimme. Was mir aber besonders auffällt: Placebos Affinität zu Instrumenten und Tönen, die irgendwie ein süßliches "Pling" in den Hintergrund des Liedes zaubern, wird auf diesem Album ins Nervenbelastende getrieben. Was bei "Ashtray Heart" und "Bright Lights" noch richtig schön klingt, ist hier nur noch belanglos. 2,5/5
13. Kings of Medicine
Da habe ich keine Meinung zu. Das Lied ist mir irgendwie egal. Einigen wir uns auf eine mittige Bewertung. 2,5/5. Nee, das Lied macht auch dauernd "Plingpling". Also doch eher 2/5.
Fazit: Es ist nicht so, das Placebo es nicht mehr könnten - dagegen sprechen schon die Perlen, über die man auch im Jahre 2009 noch ab und an auf einem aktuellen Album stolpert. Doch zwei Dinge sind dabei vor allm zu bedenken. Zum Ersten sind vor allem jene Lieder gut, die auf Song-Rezepte bauen, die noch aus den 90er Jahren, also der Hochphase der Band stammen; neue Rezepte verfehlen ihre Wirkung. Und zum Zweiten - gibt es diese "neuen Rezepte" überhaupt? Kann man dieses Prinzip, das etwa der Hälfte des Albums zugrunde liegt, als irgendwie eigenständig bezeichnen? Man sollte vielleicht eher von Füllmaterial sprechen.
Ein Bericht zum Konzert von gestern Abend in der Arena Leipzig folgt so bald wie möglich.
Meine Skepsis gegenüber Battle for the Sun habe ich ja schon ausreichend breitgetreten. Nun soll auch mal eine Albumkritik folgen, der auch ein intensives Hören der CD zugrunde liegt ;). Zusammen mit dem aktuellen Muse-Album (The Resistance) habe ich das jüngste Werk Placebos vor wenigen Wochen via Amazon bestellt. Schon diese Konstellation war nicht gut für Battle for the Sun, denn dass es nicht mit dem Longplayer von Muse mithalten können würde, war mir im Vorfeld schon mehr als klar.
Fangen wir mit der Optik an. Das Cover (siehe oben), na ja, haut jetzt keinen vom Hocker. Ne Sonnenfinsternis halt. Das Booklet sprüht auch nicht gerade vor lauter Kreativität, wobei ich die Fotos der Band und der einzelnen Musiker wirklich schön finde.
Beim Durchlesen der Titelliste fiel mir auf, dass die Songs heißen wie der neue Drummer aussieht - irgendwie pseudo-obercool und möchtegern-glamourös und was weiß ich nicht noch alles. "Kitty Litter", "Ashtray Heart", "Kings of Medicine" ... so könnten auch Lieder von Wanna-be-Goth-Bands wie Cinema Bizarre oder Down Below und Songs der späten (und schlechten) HIM heißen. Aber mal reinhören:
1. Kitty Litter
The way you're dancing makes me come alive. [...] You really start a fire! Das Lied braucht kein Mensch. Aussageloser, eintöniger, wenn auch treibender Rock, der nur in der letzten Minute mal ein paar Variationen zulässt. Die bringens aber auch nicht. Und der Text ist doof. 2/5
2. Ashtray Heart
Der Titel verrät schon, dass dieses Lied als eine Art Rückbesinnung gedacht sein könnte. "Ashtray Heart" war der erste Name von Placebo, unter dem allerdings noch keine Erfolge verbucht worden sind. Auch soundmäßig erinnert der Song nicht selten an das allererste Placebo-Album: verspielt, "perlend", viel tüdelü. Auch der Text fügt sich da hinein (used it to stub cigarettes, listened to your screams of pleasure). Übrigens die dritte Singleauskopplung. 4/5
3. Battle for the Sun
Der titelgebende Track ist der paradoxerweise schwächste des Albums. Er ist wie akustischer Kaugummi. Wenn Brian Molko denkt, dass ständige stupide Wortwiederholungen die beste Methode sind, um ein Lied auf die Länge von 5:32 Min zu peitschen, dann hat er sich gewaltig geirrt. Das erste Wort jeder Strophenzeile wird insgesamt vier mal wiederholt und das letzte Wort sogar sieben mal. I, I, I, I, I will pretend it didn't hurt, hurt, hurt, hurt, hurt, hurt, hurt, hurt. Nervtötend. 1/5
4. For what it's worth
Beim ersten Hören dieses Songs vor einigen Monaten (es war die erste Singleauskopplung) kam ich nicht umhin, immer an den Werbeslogan "Weil Sie es sich wert sind" zu denken. Das ist mittlerweile glücklicherweise vorbei. Und ich muss sagen, dass dieses Lied mir mit der Zeit immer sympathischer wurde. Es mag inhaltlich kein großer Wurf sein, aber ich kann mich diesem Lied einfach nicht entziehen und mich nicht davon abhalten, irgendein Körperteil rhythmisch dazu zu bewegen; zudem überrascht es mit experimentierfreudigen Passagen. 3,5/5
5. Devil in the Details
I've been waaaisting all my tiiime, with the devil in the detaaaaaiiihaaaails. Quäk, quäk, quäk. Selbst einen eingefleischten Placebo-Befürworter wie mich nervt diese Stimme dann und wann. Und hier ist das der Fall. Dazu kommt, dass der Song frei von Rhythmus und Harmonie zu sein scheint. 1/5
6. Bright Lights
Das Lied ist schön. Punkt. Einfach schön. Inhaltlich scheint es eine Art Rückblick Brian Molkos auf die Zeit zu sein, in der er noch dieser provozierende, drogensüchtige, herrlich schwule Giftzwerg war. Cast your mind back to the days, when I'd pretend I was okay. I had so very much to say about my crazy livin'. Now that I've stared into the void, so many people I've annoyed. I have to find a middle way, a better way of giving. Dass er diese Zeit aber nicht missen wollen würde (no one can take that away from me), kommt ebenso rüber. Gesungen wird dieser Text von einem stimmlich angenehm dezenten Molko; eine Tonlage, in welcher er tief singt, und eine, in der er hoch singt, wurden offensichtlich übereinander gelegt. Sogar das könnte man als Verbindung von Placebo heute und Placebo früher deuten. Klanglich erinnert es mich ein wenig an "Black-eyed". Und sogar die zuerst von mir sehr gescholtene Zeile A heart that hurts is a heart that works kann ich mittlerweile verschmerzen. 5/5
7. Speak in Tongues
Dieses Lied, das schwach beginnt, punktet in den letzten zweieinhalb seiner vier Minuten vor allem dadurch, dass es unheimlich mitreißend ist. Das bewirken zum einen der emotionale Gesang und zum anderen vor allem die schöne Verbindung aus Stadion-Gitarren-Rock und Piano. Die nur leise von Gitarre begleitete "Aaah"-Passage, welche das sonst weniger ruhige Lied in etwa bei der Hälfte unterbricht, ist wirklich gelungen. Einziger richtiger Störfaktor: Weee caaan build a new tomooooorrooow todaaay. Das ist irgendwie so ... bono-esk. 3,5/5
8. The never-ending Why
Nach zwei guten Liedern am Stück musste ja irgendwann wieder Mist kommen und das ist jetzt. Dem Refrain muss man zwar eine gewisse Catchyness zusprechen, aber ansonsten ist das glatter, überproduzierter Rock à la "Kitty Litter" (erstes Lied dieses Albums). Da stehen auch mal vollkommen kontextfrei so Zeilen wie And there's a body in the lake im Songtext rum. Die nie endende Frage nach dem Warum. Placebo haben sie sicherlich nicht beantwortet. 2/5
9. Julien
Während der ersten Minute dieses Songs dachte ich "Wow - geil". Zu Lowbass-Elektrogeschwurbel grummelt sich Brian Molko durch die Verse, es setzt eine wirklich ultracoole E-Gitarre ein, Textausschnitte wie Julien, you are slow motion suicide machen richtig Bock auf das Lied. Nach 1 Min 14 Sec ändert sich das allerdings ganz schnell. Dann setzt der leider viel zu oft benutzte Standardsound der CD ein und das schöne Elektrobums ist weg. Schade, schade. Aber schon für die erste Minute: 3,5/5
10. Happy you're gone
Keine schlechte Ballade, die ganz sacht beginnt. Im zweiten Drittel steigert sie sich ins Sehnsuchtsvoll-Mitreißende. Der Text passt schön dazu. Rundum homogener Song, der merkwürdigerweise die einzige richtige Ballade der Platte darstellt. "Speak in Tongues" (Lied 7) hat ebenfalls balladenhafte Züge, aber nicht in dieser Art. 3,5/5
11. Breathe under water
Dieser Song fügt sich wunderbar in die einfallslosen temporeichen Lieder, die dieses Album zu Hauf zu bieten hat, mit ein. Ob man jetzt "Kitty Litter", "The never-ending Why", "Battle for the Sun" oder das hier hört, macht eigentlich keinen großen Unterschied. 2/5
12. Come Undone
Ähnliches Phänomen wie 11., dabei aber mit mehr Mut zum Sich-Hervorheben, was sich vor allem an den Tempo- und Rhythmuswechseln zeigt und durch ein höheres Maß an Emotionalität in Text und Stimme. Was mir aber besonders auffällt: Placebos Affinität zu Instrumenten und Tönen, die irgendwie ein süßliches "Pling" in den Hintergrund des Liedes zaubern, wird auf diesem Album ins Nervenbelastende getrieben. Was bei "Ashtray Heart" und "Bright Lights" noch richtig schön klingt, ist hier nur noch belanglos. 2,5/5
13. Kings of Medicine
Da habe ich keine Meinung zu. Das Lied ist mir irgendwie egal. Einigen wir uns auf eine mittige Bewertung. 2,5/5. Nee, das Lied macht auch dauernd "Plingpling". Also doch eher 2/5.
Fazit: Es ist nicht so, das Placebo es nicht mehr könnten - dagegen sprechen schon die Perlen, über die man auch im Jahre 2009 noch ab und an auf einem aktuellen Album stolpert. Doch zwei Dinge sind dabei vor allm zu bedenken. Zum Ersten sind vor allem jene Lieder gut, die auf Song-Rezepte bauen, die noch aus den 90er Jahren, also der Hochphase der Band stammen; neue Rezepte verfehlen ihre Wirkung. Und zum Zweiten - gibt es diese "neuen Rezepte" überhaupt? Kann man dieses Prinzip, das etwa der Hälfte des Albums zugrunde liegt, als irgendwie eigenständig bezeichnen? Man sollte vielleicht eher von Füllmaterial sprechen.
Ein Bericht zum Konzert von gestern Abend in der Arena Leipzig folgt so bald wie möglich.
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