Dienstag, Mai 08, 2012

Praha - Prague - Prag

Teil 1 - Die Anreise und die Hausberge der Stadt, Hradschin und Petřín

Das vergangene Wochenende, von Freitag bis Sonntag, habe ich in Prag verbracht – dieser Trip war mein Geburtstagsgeschenk vom Herzallerliebsten. Wie immer sind wir mit der Bahn gereist; und diese Art der Fortbewegung ist für mich, unabhängig von allem, was man über Unzuverlässig-. Unfreundlich- und Unpünktlichkeiten von sich geben kann, immer noch die schönste Art des Reisens. 

Die Elbe nahe Meißen

Die Strecke Leipzig-Prag hat es landschaftlich aber auch wirklich in sich! Auf der Fahrt von Leipzig nach Dresden fährt man ab Riesa, also etwa ab der Hälfte der Strecke, immer in Nähe der Elbe entlang (und das wird sich bis weit in die Tschechische Republik hinein nicht ändern). Aus dem Zugfenster kann man den Dom und die Albrechtsburg zu Meißen genauso gut erkennen wie die Radebeuler Altstadt und die Weinhänge oberhalb des Elbtals, mit all ihren kleinen Schlösschen und malerischen Gutshäusern. Kurz vor der Ankunft am Dresdner Hauptbahnhof überquert der Zug schließlich die Elbe – und gibt dabei einen tollen Blick auf das ganze Altstadtpanorama der sächsischen Landeshauptstadt mit Frauenkirche, Schloss und Hofkirche, Augustusbrücke und Semperoper frei.

Dresden

In Dresden bleibt dann eine knappe halbe Stunde zum Geldwechseln, ehe der EuroCity nach Prag sich in Bewegung setzt. Von den zwei Fensterplätzen aus hat man dann das schönste Teilstück der Zugfahrt bestens im Blick: wir verlassen Dresden in Richtung Pirna und ab dort geht es wirklich immer im Elbtal direkt am Flussufer entlang durch die ganze Sächsische und Böhmische Schweiz. Vorbei an Rathen und Wehlen, vorbei an der Festung Königstein, mit Halt in Bad Schandau auf der deutschen und in Děčín auf der tschechischen Seite des Gebirges. Diese Stadt kannte ich bisher nur dem Namen nach, aber sie scheint ebenfalls einen Besuch wert zu sein: sie liegt wunderbar in einem Talkessel gelegen, mit viel hügeligem Grün drumherum; und auf einem solchen Hügel thront über der Elbe ein schönes Renaissanceschloss. Dann verlassen wir das grüne, enge Elbtal und fahren durch flacheres Land. Der nächste Halt ist Ústí nad Labem, was nichts anderes heißt als Aussig an der Elbe. Diese Stadt kenne ich ebenfalls nur namentlich, vor allem als Partnerstadt von Chemnitz, weswegen es in einem dortigen Plattenbaugebiet auch eine Ústí-nad-Labem-Straße gibt, was ich immer sehr amüsant fand. Diese Stadt ist ziemlich industriell geprägt und hat äußerlich wenig mit Děčín gemein. Ein Schmuckstück gibt es dann aber doch noch: auf einem auffälligen Felsen direkt am Fluss steht höchstprominent eine beeindruckende Burg(ruine).

Der Ort Königstein samt gleichnamigem Felsen und Festungsanlage

Bald tauschen wir die Elbe gegen die Moldau ein – der erste Anhaltspunkt, dass wir uns der Hauptstadt nähern. Und irgendwann bekommen tragen die Bahnhöfe, durch die der EC rauscht, ein in Klammern geschriebenes ‚Praha‘ im Namen und der Burgberg, der Hradschin, taucht mitsamt Dom und Burg in der Ferne auf. Dieser EuroCity ist übrigens eine recht interessante Zuverbindung: Von Hamburg-Altona aus fährt er über Berlin und Dresden bis Prag, von da weiter nach Wien und Villach; Letzteres liegt ganz im Süden Österreichs am Dreiländereck Österreich-Italien-Slowenien.

Moldaupanorama mit Burgberg Hradschin

Der Prager Hauptbahnhof (Praha hlavní nádraží) ist ein nicht sonderlich adretter und unübersichtlicher Bau. Von dort springen wir in die Tram-Linie 9, die uns ganz nah am Hostel wieder ausspuckt. Das Hostel selbst ist sehr zentral gelegen, vielleicht eine Fußminute zur Moldau und fünf bis zum Altstädter Ring, dem historischen Zentrum der Altstadt. Wir haben ein schlichtes Zimmer im ersten Stock des Hauses an der Nationalstraße 20, der národní, mit drei Betten, zwei Stühlen, einem Tisch und einem Schrank. Toiletten und Duschen sind auf dem Gang, ebenso die Gemeinschaftsküche mit Frühstücksbereich. Frühstücken würden wir hier aber nicht – direkt gegenüber, auf der anderen Straßenseite, haben wir das Café Louvre ausgemacht. Ein altes Café, 1902 gegründet, das sich ganz der Pariser und Wieder Kaffeehauskultur verschrieben hat. Dort haben Kafka und Max Brod weintrinkend in philosophischen Zirkeln diskutiert und Albert Einstein hat in seiner Zeit als Dozent an der Prager Karlsuniversität hier seine Zeitung gelesen und Kaffee geschlürft. Schon wegen seinem originalgetreu restaurierten Jugendstilambiente ist das Café, zu dem auch ein Restaurant, eine Sonnenterasse und ein Billardsalon gehören, einen Besuch wert. Das Frühstück ist mehr als reichhaltig, richtig lecker und gut bezahlbar. Im Untergeschoss des Hauses befinden sich übrigens ein Jazz- und ein Rockclub. 

Intérieur des Café Louvre (www.cafelouvre.cz)

Gegen 15.00 Uhr am Freitag, nach dem Ankommen und Einchecken, beginnt das eigentliche Prag-Wochenende. Ein langer Spaziergang bei bombastischem Wetter führt uns zuerst zur Most Legií und auf die andere Seite der Moldau. Mit der Seilbahn fahren wir auf den Petřín (dt. Laurenziberg), von dem man einen fabelhaften Blick auf die Stadt hat. Die Seilbahn wurde 1891 anlässlich der großen Landesausstellung in Betrieb genommen. Auf dem Laurenziberg steht übrigens eine kleine Version des Pariser Eiffelturms. Dieser Turm ist 60m hoch und wurde 1889 von Mitgliedern des ‚Clubs der Tschechischen Touristen‘ in Auftrag gegeben, nachdem sie sehr beeindruckt von einer Paris-Reise nach Prag zurückgekehrt waren. Vom Laurenziberg, auf dem zudem die Gipfelkirche, ein Planetarium und das Kloster Strahov  (bekannt für seine bedeutsame und wunderschöne Bibliothek) stehen, geht es immer durchs Grüne zu Nový Svet, „Die neue Welt“. Das ist ein Gässchen am Hradschin, in welchem früher vor allem arme Leute und Palastbedienstete wohnten. Heute ist es eine pittoreske Gegend, in der sich Künstler und teure kleine Restaurants niedergelassen haben. Viele Touristen verirren sich hier Gott sei Dank nicht hin. Bald gelangt man schließlich zum Hradschiner Platz. Hier befindet sich, außer der Mariensäule, dem Palais Schwarzenberg (beherbergt Teile der Nationalgalerie) und dem Erzbischöflichen Palais, der Eingang zum weitläufigen Burggelände: durch den ersten und den zweiten Burghof gelangt man schließlich zum dritten, zum großen Burghof. 

Blick vom Hradschiner Platz auf den ersten Burghof

Hier steht das Wahrzeichen von Prag – der Veitsdom. Er gehört zu den Blüten der gotischen Baukunst. Im Inneren geht es allerdings zu wie in einer Bahnhofshalle und bis nach vorn zum Altar gelangt man leider nur gegen ein Entgeld. Da ich nicht für die Besichtigung von Gotteshäusern bezahle, habe ich also vom Dominneren nur den Eingangsbereich gesehen. Dieser glänzt vor allem durch seine bunten Glasfenster; eines davon hat übrigens Alfons Mucha im Jahr 1931 gestaltet. Das für mich interessanteste an diesem Dom ist, dass er jahrhundertelang ohne Türme auskommen musste. Na gut – lange Bauphasen bei Gotteshäusern sind nichts Ungewöhnliches, wenn man mal die Bauzeit des Kölner Domes bedenkt (1248-1880). Aber der Prager Veitsdom, dessen Bau um 1350 begann, „blieb bis ins 19. Jh. ein Torso“, weiß der ADAC-Reiseführer. „Erst 1872-1919 vollendeten die Baumeister Josef Mocker und Kamil Hilbert das dreischiffige Langhaus und die Westfassade im Sinne der Kathedralgotik mit zwei Türmen und drei Portalen.“ – damit ist jene Ansicht gemeint, die in den Augen von uns Kathedral- und Architekturlaien die genuine Domigkeit eines Doms erst ausmacht. 

"Goldene Pforte" an der Südseite des Doms
Die erst um 1900 fertiggestellte Westfassade

Kurzer Exkurs mit Tippcharakter: Prag hat zahlreiche öffentliche Toiletten, manche mehr und manche weniger zu empfehlen. Die beste Toilette ist, mit weitem Abstand, jene direkt rechts neben dem Dom. Es mag banal klingen, aber: ehrlich, Leute, ich war noch nie auf einer so schönen und sauberen öffentlichen Toilette. Die Benutzung kostet 10Kč oder 0,50€ - beim aktuellen Wechselkurs entsprechen 10Kč aber nur knapp 0,40€, es handelt sich also um eine kleine Euroland-Touristenverarsche. Wenn man also weiß, dass man häufiger mal muss, lohnt es sich, genügend tschechisches Münzgeld dabei zu haben, denn diese 10 Cent Differenz pieseln sich über ein paar Tage durchaus zu einem gewissen Betrag zusammen.

Ausblick: Im zweiten Teil treiben wir uns weiter auf dem Hradschin herum und besuchen, Gott sei Dank nach 18 Uhr, die Goldene Gasse. Dann wird es uns über die sehenswerte Nerudagasse auf die Karlsbrücke und von da in die Altstadt bei Nacht verschlagen.

2 Kommentare:

Cari hat gesagt…

Oh ich freue mich schon sehr auf den nächsten Teil. Du schreibst sooo schön, ich bekomme so ein Fernweh. Ich war vor knapp 3 Jahren dort mit damaligem Freund und meiner Tochter (damals 1) - es war wunderschön und ich wollte schon längst mal wieder hin, denn wir haben längst nicht alles gesehen (waren zb nicht bei diesem kleinen Eiffelturm)...
Damals war die Maus die meiste Zeit noch im Kinderwagen - nun müsste sie stets selbst laufen oder ich lasse sie daheim - beides irgendwie blöd.... Naja, mal schauen. Ich fahre übrigens auch gern mit dem Zug und obwohl ich 2010 einen Tag vor Silvester von Chemnitz nach Bergen auf Rügen gefahren bin und etliche Verspätungen in Kauf nehmen musste, würde ich immer wieder per Zug in den Urlaub fahren.

LG Cari

eisdealer569 hat gesagt…

danke