Freitag, August 13, 2010

Knapp zwei Jahre lang hatte sie B. M. , oder seinen Handlanger S., immer wieder darum gebeten, den Baum vor ihrem Haus zu verschneiden. Verschneiden zu lassen von Leuten, die dafür bezahlt werden, denn vom Fenster aus mit einer Baumschere war der Lage schon lange nicht mehr Herr zu werden. Die Zweige waren mittlerweile nur wenige Zentimeter von den Fenstern ihrer Wohnung entfernt und schon bei mäßig starkem Wind schlugen die Äste auf das blecherne Dach. Mehr als einmal hatte sie nachts deswegen schon wachgelegen und sich zerknirscht das Gepoltere über ihr angehört.
Es war gegen 07.30 Uhr am Morgen als wiederum Gepoltere sie weckte. So ähnlich klang es, als die Dachdecker dagewesen und mit ihren schweren Stiefeln auf dem Dach herumgelaufen waren. Das waren dieses Mal allerdings sehr merkwürdige Dachdecker, denn sie schienen Kettensägen dabei zu haben. Ein Griff nach der Brille und ein Blick aus dem Fenster am Kopfende des Bettes brachten Klarheit. Ein Mann mit Bergsteigerausrüstung hing um die zwei Meter von ihrem Gesicht entfernt im Kirschbaum, sägte mal mit einer simplen Handsäge, mal mit der Kettensäge, je nach Dicke des Astes, an der dem Haus zugewandten Seite des Baumes herum. Die abgetrennten Äste warf er recht ziellos die drei Stockwerke herunter; dabei knallten sie nicht selten lautstark auf den Teil des Daches, der sich direkt vor ihren Fenstern befand, oder gar gegen die Fenster der in der Wohnung unter ihr wohnenden S. Gegen neun war das Spektakel dann vorbei. Mit dem Ergebnis des Verschneidens konnte sie zufrieden sein. Aber irgendeine Vorwarnung, dass der Baum verschnitten wird (und vor allem: wann das passiert), an der Pinnwand im Treppenhaus hätte sie ganz nett gefunden, Herr M.

Freitag, August 06, 2010

Gerade habe ich mal wieder heftigst gesozialnetzwerkt.

Neulich habe ich ein Beitrag im ARD-Mittagsmagazin gesehen, in dem es um Internetsucht ging. Da hieß es, man sei nicht süchtig, wenn man problemlos fünf Tage am Stück das Internet (oder besser noch gleich den ganzen PC) ungenutzt lassen kann, ohne irgendwie das Gefühl von Uninformiertheit oder Ausgeschlossenheit zu bekommen. Ganz ehrlich ... ich will's gar nicht ausprobieren. Klar, im Urlaub hab ich sowas schon oft gemacht. Ich war reichliche zwei Wochen in Norwegen, ohne auch nur einen Laptop zu Gesicht bekommen zu haben. Zwei Wochen in Südtirol, ganz ohne WLan-Nutzung. Das geht alles - im Urlaub, in Erholungssonderfällen.

Fünf Tage der Sorte "Alltag" ohne Internet. Neben den ganz praktischen Dingen wie Online-Nachrichten und Mails à la "Ahhhh, was müssen wir bis morgen lesen??" oder Absprachen vor Referaten via Mail würd ich das schon rein wegen des Gesozialnetzwerkens nicht wollen. Ich möchte ungern darauf verzichten, mich mit Sophie (wohnt unter mir) über unsere StudiVZ-Pinnwände darüber zu unterhalten, wie sie mein neues Rad, das im Hinterhof steht, findet oder ihr zu erklären, dass der schreckliche Krach in der Wohnung über ihr davon kommt, dass ich beim Staubsaugen ziemlich viele leere Glasflaschen umgekippt habe. Ich gebe gerne auf Anjas Blog meinen Senf zu ihren Gedanken zu iPhone-nutzenden ICE-Fahrgästen und verabrede mich mit Freundinnen über Facebook zu Filmabenden, wo ich mich über die Statusmeldungen meiner Freunde und "Freunde" darüber informiere, an welchem Bahnhof sie letzte Nacht festsaßen, welches Essen ihnen gelungen ist oder welchen Film sie empfehlen können. Hier und da erschrecke ich über diesen Netzexhibitionismus von mir und den anderen, aber hey: wenn wir alle so sind (und das sind wir schon irgendwie zwangsläufig, wenn wir Facebook unseren echten Namen verraten haben), dann haben wir ja nichts zu befürchten ...

Freitag, Juli 30, 2010

Das ewige Hickhack

Vor mehreren tausend Jahren haben sich die Menschen überlegt, dass es doch ganz cool wäre, wenn man sein Gehirn für irgendwas Progressives benutzen würde. Deshalb haben sie sich die Wissenschaften ausgedacht. Mit der Zeit wurden es immer mehr Wissenschaften, weil man ja auf verschiedensten Gebieten fortschrittlich und investigativ sein konnte. Irgendwann, ich glaube die Hochdruckdampfmaschine war gerade erfunden worden, fiel den Vertretern der techniklastigeren Wissenschaften ein, dass sie der Menschheit eigentlich viel mehr dienen als die ollen Literaten und die langhaarigen Philosophiehippies. Die schreiben und reden und diskutieren ja nur und machen nichts Praktisches, stattdessen nur brotlosen Krams, wohingegen die Naturwissenschaftler und Ingenieure so tolle Sachen konstruieren wie eben die besagte Dampfmaschine, den Zeppelin oder den elektrischen Stuhl – also alles ganz tolle praktische Erfindungen, die unseren Planeten zu einem schöneren Ort machen.
Die Existenzberechtigung der Geisteswissenschaften wird seit Jahrzehnten zunehmend in Frage gestellt; das letzte goldene Zeitalter ging wohl spätestens 1933 zu Ende. Den Kampf um Anerkennung führen Germanistik, Philosophie und Co. seitdem teils offensiv, zum Beispiel mit Vortragsreihen an Universitäten zur Zukunft der Geisteswissenschaften, teils aber auch zweifelnd – manchmal wissen sie scheinbar selbst nicht so recht, wer sie heute noch braucht, denn längst sind sie überzeugt davon, hinter den Naturwissenschaften zurückzustehen. Und auch im Kleinen findet diese Auseinandersetzung immer wieder statt: auf Studentenpartys fragen die Informatikstudenten, wozu man das denn später braucht, und die Eltern haben nicht schlecht geguckt, als man ihnen die Entscheidung für finanzielle Unsicherheit, also für ein geisteswissenschaftliches Studium mitgeteilt hat. Dabei ist man es doch eigentlich leid, sich auf jeder Familienfeier zu rechtfertigen und gefragt zu werden, „was man damit mal machen kann“.

Was willse denn jetzt mit diesen redundanten Allgemeinplätzen? Ist das das Genöle einer Germanistikstudentin, die nächstes Jahr fertig wird und noch nicht weiß, wohin dann mit sich? Was willse denn sagen mit ihren geschmacklosen Äußerungen über elektrische Stühle?

Ich schreibe zurzeit eine Hausarbeit im Rahmen eines Seminars namens „Phantastisches Erzählen“. Dafür sehe ich mir einen Text namens Bis zum Nullpunkt des Seins (1871) des deutschen Autors Kurd Laßwitz genauer an. Laßwitz gilt als der Begründer der deutschen Science Fiction und Phantastik, ist nur mittlerweile ziemlich vergessen und wird in kaum einem Standardwerk zum Thema berücksichtigt – die Texte, die ihn allerdings erwähnen, tun das ziemlich ausführlich, sodass ich dennoch genügend Sekundärliteratur habe, keine Sorge ;). Und in diesem Text spielt der Streit Technik / Naturwissenschaften versus Geisteswissenschaften und schöne Künste eine, wenn nicht gar d i e zentrale Rolle.
Die Erzählung spielt in einer europäischen Stadt im Jahre 2371. Die dargestellte Zukunftsvision ist mit heutigen Augen betrachtet ziemlich bieder, was aber schon dadurch entschuldbar ist, dass es der erste deutsche Text dieser Machart war: es gibt ein paar technische Neuerungen wie die fliegenden Fahrräder namens Luftvelozipeden (was zu so wunderschönen Ausdrücken wie „Magnet Reimert-Oberton war unbemerkt zum Fenster herein luftvelozipediert […]“ führt) oder das Geruchsklavier und die Wettermaschine. Auch hat Laßwitz in dieser Geschichte ein paar Dinge beschrieben, die wir heute, nur unter anderen Bezeichnungen, wirklich kennen und nutzen. Es gibt eine Art Fahrstühle („[…] so fanden sich die Treppen durch treffliche Hebe- und Senkvorrichtungen ersetzt“) und eine neue Art von medialer Öffentlichkeit, die in ihrer Beschreibung stark an Facebook oder gar Twitter erinnert („Jegliche Nachricht ward im Nu verbreitet, jegliche Erfahrung zum Allgemeingut gemacht“). In anderen Erzählungen sagt er auch den Flatscreen voraus, aber darum soll es jetzt ja eigentlich nicht gehen.

Bis zum Nullpunkt des Seins stellt uns drei Protagonisten vor: Magnet Reimert-Oberton (Dichter), Aromasia Duftemann Ozodes (Geruchspianistin) und Oxygen Warm-Blasius, seines Zeichens Wetterfabrikant. Aromasia und Oxygen (DIESE NAMEN … herrlich – mit dieser Art des Humors spielt der ganze Text) sind im Übrigen verlobt. Oxygen ist also Naturwissenschaftler, genauer gesagt eine Art Chemiker, und vertritt die Ansichten der Partei der ‚Nüchternen’, die folgende Ziele verfolgt: Loslösung des Menschen von seiner Abhängigkeit von der Natur, Befreiung des Menschen von seinen Leidenschaften und Erreichen der sittlichen Vollkommenheit. Basis dessen ist die Ansicht, dass die wissenschaftlichen Errungenschaften die Hochkultur, die Ethik und Moral des Menschen erst möglich gemacht hätten. Dem Wetterfabrikanten gegenübergestellt werden nun die Künstlertypen Magnet und Aromasia, Vertreter der Partei der ‚Innigen’. Die drei streiten sich regelmäßig darüber, ob die Kunst einen relevanten Stellenwert hat und wie dieser aussieht. Besonders heikel ist die Diskussion besonders hinsichtlich der Beziehung von Oxygen und Aromasia: der zukünftige Bräutigam will seine Verlobte immer wieder von ihrer Kunst abbringen und hofft inständig, dass sie ihre „Lebensaufgabe noch anders auffassen lernen“ wird.
Hinter diesem Konflikt, der schließlich im Tod Aromasias und in Selbstverbannung und einer Art Suizid Oxygens resultiert (er lässt sich mit einer Kapsel ins Weltall treiben, wo ihn der sichere Tod erwartet, überwindet dabei aber mal so nebenher die Gravitation der Erde), bleiben die drei Protagonisten weitestgehend nur Typen und entwickeln kaum individuelle Züge. Laßwitz scheint sie vielmehr als Sprachrohre oder Medien zur Vermittlung der verschiedenen Ansichten zu benutzen. Es kommt am Ende aber tatsächlich zu einer Lösung der Streitfrage: Magnet erkennt nach Oxygens Selbstverbannung ins Weltall, dass dieser auch durch die vollkommene Überwindung der Natur und in seinem Tode dennoch nicht frei sein kann und sein Ziel, zu dem „Nullpunkt des Seins“ (erinnert an die Reise in die Unendlichkeit in Kubricks 2001: A Space Odyssee) zu gelangen, niemals erreichen kann, da es unmöglich ist aus dem dynamischen Kreislauf von Leben und Existenz auszubrechen. Freiheit, so verkündet Magnet, ist nur durch die „Macht des Ideals, […] durch meine dichtende Kunst, die mich über die Schranken der Welt und meiner räumlichen und zeitlichen Existenz hinausträgt“ möglich. Doch der Leser wird nicht ohne eine Möglichkeit des Kompromisses aus dem Text entlassen. Eine Versöhnung der beiden Pole sei möglich, wenn auch erst in einer weit, weit entfernten Zukunft (und nur über den Weg von Kultur und Dichtung).

Mittwoch, Juli 28, 2010

Mixtape

Moby - Scream Pilots
.
Coldplay - In my Place
Radiohead - Talk Show Host
Radiohead - Creep
The xx - Crystalized
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Dresden Dolls - Missed me
Placebo - I know
Herbert Grönemeyer - Schmetterlinge im Eis
Muse - Unintended
Amy Macdonald - This is the life
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Coldplay - Don't panic
PeterLicht - Das absolute Glück
A cat called Fritz - As a mug
FM Belfast - Underwear
.
The Coopler Temple Clause - Blind Pilots

Montag, Juli 26, 2010

Meine Top 5 ... Lieblings-Sommerfrüchte

1. Wassermelone
2. Kirschen
3. Pfirsiche
4. Mango
5. Himbeeren


Ein Exemplar von Nummer 4 wurde gerade erfolgreich verspeist =).

Dienstag, Juli 20, 2010

Tour de Mitteldeutschland

Parallel zu unseren dopingsüchtigen Freunden à la France haben wir heute - unter anderem in Vorbereitung auf die geplante Elberadtour im August - eine feine kleine Tour durch die Region unternommen. Zweck dieser sportlichen Angelegenheit war allerdings nicht in aller erster Linie die sportliche Ertüchtigung, sondern etwas Geistreicheres: wir wollten Novalis und Friedrich Nietzsche besuchen.


Los ging es heute Morgen, nachdem noch ein bisschen an den Rädern gebastelt wurde, um endlich mal die neuen Gepäckträgertaschen einzuweihen. Wir radelten zum Hauptbahnhof, schwangen uns dort nebst unseren Rädern in einen Zug und stiegen 45min später in Weißenfels wieder aus. Dort fragten wir uns zur Adresse Klostergasse 24 durch. In diesem Gebäude verbrachte Friedrich von Hardenberg, wohl eher als der Romantikdichter Novalis bekannt, Teile seiner Kindheit und Jugend und hier starb er auch. In drei Räumen wird das Leben und Wirken (als Dichter und Geologe) bilderreich und übersichtlich zusammengefasst. Interessanter war aber die idyllische Grabanlage der Familie Hardenberg im benachbarten, ziemlich wüst bewachsenen Stadtpark. Generell hab ich mir Weißenfels ... unhübscher vorgestellt, aber das Städtchen reiht sich gut in die schönen mittelgroßen Orte Mitteldeutschlands ein, die es im Burgenland so gibt: von Weinbergen und schönen Anwesen umgeben, viele mittelalterliche, historisch schön aufbereitete Ecken und und und. Nur der Bahnhof ist und bleibt der hässlichste weit und breit.

Teil 1 der Tour: von Weißenfels über ein paar Dörfer und unter den Autobahnen A9 und A38 hindurch nach Röcken

Dann schwangen wir uns auf die Drahtesel und fuhren ins reichlich 12km entfernte Röcken. Das ist ein ganz kleines Nest zwischen Weißenfels und Leipzig, zu dem es nur eines wirklich zu sagen gibt: hier wurde Friedrich Nietzsche geboren und hier liegt er auch, zusammen mit Schwester, Mutter und Vater, begraben. Es wurde eine Gedenkstätte eingerichtet (die u. a. dienstags leider Ruhetag hat) und ru
nd um die winzig kleine, aber wunderschöne Kirche von Röcken kann man sich allerhand ansehen, was mit Friedrich Nietzsche zu tun hat: die Gräber natürlich, aber auch ein richtig gut durchdachtes Ensemble von Bronzefiguren, sein Geburtshaus und das Museum. Die Strecke nach Röcken war allerdings weniger schön: unerwartet viele bergige Straßen (Berge - und das nahe Leipzig), viiiiel zu viel Gegenwind und die nur leidlich idyllische B87, auf der wir uns die ganze Zeit (fast bis Leipzig) bewegten (unter zwei Autobahnen hindurch) machten die Fahrt nicht übermäßig malerisch. Von ein paar Industrieruinen mal abgesehen ... Nach dem Besuch bei good ol' Nietzsche, an dessen Grab wir andächtig unsere Brötchen und Würstchen vertilgten, ging es weiter zur nächsten Station - einem Plansch-In im Kulkwitzer See zwischen Leipzig und Markranstädt.
Bis dahin waren es aber noch einige Kilometerchen zu fahren, weshalb wir uns im nächstbesten Ort, der Kleinstadt Lützen (auch ne sehr pittoreske Stadt - tolles Rathaus, schöner Marktplatz, etc.) im ortsansässigen Supermarkt mit neuen Getränken versorgten. Immer entlang der B87 ging es dann bis Markranstädt; dabei kommt man übrigens an einem enorm beeindruckenden Denkmal für Gustav Adolf, den ollen Schwedenkönig, der auf den Ur-Krostitzer Bierflaschen drauf ist, vorbei. Und urplötzlich standen wir dann auch schon am Badesee, der sachgemäß einmal umrundet wurde und zwischendrin auch beplanscht. Über ein paar weniger Beachtung verdienende Viertel Leipzigs fuhren wir nach Hause und auf einmal waren also 50km durch Mitteldeutschland gefahren worden.


Teil 2: von Röcken über Lützen und Markranstädt / Kulkwitzer See bis Leipzig

Fazit:
ein wunderbarer Tag bei wunderbarem Wetter in Angedenken an wunderbare deutsche Persönlichkeiten, zu denen interessante Dinge zu erfahren und schöne Bilder in Erinnerung zu behalten waren.



*****

Es folgen noch ein paar Momentaufnahmen des Tages, allesamt von Herrn Nova geschossen
:







Dienstag, Juni 22, 2010

Hurricane 2010

Dreck, Staub, unsicheres Wetter und unfassbar dämliche Chaoten – so könnte man das letzte Wochenende zusammenfassen. Das Hurricane 2010 hatte mich zum zweiten Mal in Folge nach Scheeßel (irgendwo zwischen Bremen und Hamburg) gerufen, was vor allem an folgenden Bands und Künstlern lag: Faithless, The Prodigy, Massive Attack, Skunk Anansie, Beatsteaks.

Donnerstag, 17. Juni 2010

15 Uhr stand das gemietete Auto abholbereit im Parkhaus. Statt des gemieteten Kombis, der nicht zur Verfügung stand, hat man uns eine Mercedes C-Klasse reserviert. Eine beeindruckende schwarze Limousine mit Vorteilen (schnell schnell schnell – sechs Gänge) und Nachteilen (in einen Kombi hätten wir unser Gepäck wesentlich besser hinein bekommen … so war es eher ein Akt der Verzweiflung). Nach dem Einladen aller vier Passagiere incl. Deren Gepäck und einem Großeinkauf für das Wochenende ging es über die A14, die A2, die A7 und die A27 gen Norden. Da kamen wir leider erst gegen 11 bei Dunkelheit an; ein Stau auf der A2 sowie eine Polizeikontrolle (beidem waren wir im Vorjahr entgangen) verhinderten eine zeitigere Ankunft erfolgreich. Bis das Auto geparkt, das Gepäck auf den gigantomanischen Zeltplatz geschleppt, ein ausreichend großer Platz für drei Zelte gefunden, alles aufgebaut und der Grill angeworfen war, wurde es halb zwei. Und dann war endlich Zeit für entspanntes Herumsitzen =).


Freitag, 18. Juni 2010

Was sich am Vorabend bei Dunkelheit schon angedeutet hatte, wurde am ersten Festivaltag schnell offensichtlich: der Staub, der sich auf alles niederlegte. Die Tage vor dem Hurricane waren sehr heiße, trockene gewesen, sodass die Erde auf dem Feld, das als Zeltplatz diente, und auch der Belag der Rennbahn, auf welcher sich das Festivalgelände befindet, staubtrocken waren. Bei jedem Schritt stob eine Wolke dieser trockenen Erde in die Höhe; auch gelegentliche Regenschauer konnten die Erde kaum befeuchten. Ergebnis dessen war eine graubraune Dreckschicht auf allem (Autos, Zelte, Haut, Klamotten) und sehr befremdliche, widerliche Erlebnisse, wenn man nach dem Naseputzen einen Blick in sein Tempo wagte :D.
Diesen Tag verbrachten wir hauptsächlich mit Grillen und Bier, mit Fußball (WM-Spiel Deutschland gegen Serbien … auch alle anderen Spiele wurden übertragen, aber wir waren ja wegen der Musik da) und Konzerten. Die da gewesen wären:

Madsen: haben auf dem Highfield Festival vor zwei Jahren wirklich Werbung für sich gemacht und schon deswegen habe ich mich drauf gefreut, sie wieder live zu sehen. Macht Spaß, tut nicht weh. Nichts, was ich mir auf CD kaufen würde, aber live kann man sich das sehr gut ansehen.

Dropkick Murphys: gehört zu jenen Bands, die mir eigentlich ein bisschen zu simpel und zu dumm sind. Sie eignen sich aber hervorragend als stimmungsmachende Festivalband, weil sie lustige, tanzbare Musik liefern.

Beatsteaks: Diese Band habe ich zum mittlerweile dritten Mal (Highfield ’08, DD ’07) gesehen. Und es war auch das schwächste der drei Konzerte, wobei es noch lange kein schlechter Gig gewesen ist. Das Tempo des Konzertes wurde immer wieder durch ruhige Nummern unterbrochen, was meine Tanzlaune etwas trübte. Wäre vielleicht anders gewesen, wenn ich etwas weiter vorne gestanden hätte. Ich freue mich sehr darüber, dass die Pause der Beatsteaks nun vorbei ist und bald was Neues erscheinen wird.

Danach habe ich mir noch eine Viertelstunde Mr. Oizo in der White Stage angetan. Das war wirklich gute Musik mit wirklich genialer Stimmung. Aber es war so heiß, stickig und voll, dass ich mich – auch aufgrund von Hunger und Durst – nicht in der Lage sah, das ohne umzukippen länger durchzustehen. Schade. Als ich das Zelt der White Stage verließ, sah ich, dass draußen noch mindestens einmal so viele Leute auf Einlass warteten wie bereits Menschen darin waren. Die Sicherheitskräfte hatten schwer zu kämpfen, dass die Absperrungen – und sie selbst – nicht überrannt wurden. Aus diesem Grund wurden alle weiteren Konzerte der Folgetage in der White Stage abgesagt.


Samstag, 19. Juni 2010

Heute ging der musikalische Tag schon am frühen Nachmittag los. Auf Anraten meiner allerliebsten Nachbarin Sophie und auch aus eigener Neugier habe ich mir zunächst Florence and the Machine angesehen – ein wirklich beeindruckendes Konzert, das ich mir später am Abend hätte besser vorstellen können. Eine elfengleiche rothaarige Frau sauste 45 Minuten lang in einem flatternden Gewand über die Blue Stage, schmetterte auf gesanglich sehr hohem Niveau tolle Popnummern und überzeugte von vorne bis hinten.

Danach überzeugte ich mich persönlich von der Wiederauferstehung von Skunk Anansie – und kam zu dem Schluss, dass das eigentlich keiner gebraucht hat. Es handelt sich dabei um eine tolle Band, die live immer noch mehr als gut ist. Aber dass der Zenit schon über eine Dekade zurückliegt, das merkt man auch sehr deutlich. Skin, die scheinbar alterslose Sängerin, wirkte merkwürdig aufgesetzt, wie eine Karikatur. Es war trotzdem ein schönes Erlebnis, all die tollen alten Hits einmal live zu hören.

Dann folgte das Konzert, auf welches zumindest M. und ich wohl am meisten hinfieberten. The xx haben unseren Soundtrack der letzten zwei Monate geliefert, das Debutalbum ist zu einer Offenbarung geworden. Der Vergleich mag komisch klingen, aber außer Lady Gaga ist in den letzten Jahren nichts vergleichbar Innovatives und Gutes auf den Markt gekommen. Der Festivalauftritt hat meinen Eindruck dann auch noch voll und ganz unterstrichen. Ein minimalistisches, intensives Konzert, welches die Qualitäten der Studioproduktion voll ausreizte. Einziger Wermutstropfen: die Bässe waren viel zu hochgedreht, die wunderschönen Melodien und der Gesang verschwanden manchmal hinter organmassierendem Gedröhn.

Direkt danach: Massive Attack. Ich nage immer noch daran, dieses Konzert nicht bis zu Ende gesehen zu haben (Kälte und Wetter haben meine Mitstreiter bewogen zu gehen und haben auch mir zu schaffen gemacht; außerdem wollte ich nicht allein zurück zum Zeltplatz gehen müssen). Das, was ich gesehen habe, überzeugt mich aber davon, dass ich hier das für mich beste Konzert des Wochenendes gesehen habe. Wenn die beiden Briten mal irgendwo in der Nähe ein richtiges Konzert spielen, dann wird mir der Preis des Tickets so was von egal sein. Die Lichtshow und die Qualität der Musik, die „nur“ für einen Festivalauftritt geboten wurden, lassen erahnen, wie genial ein Konzert sein muss, für das man einen ganzen Tag Vorbereitungszeit hatte.


Sonntag, 20. Juni 2010

Der erste Programmpunkt war am Nachmittag Dendemann, zu dem ich eigentlich nur mitgegangen bin. Meine Energie war zu diesem Zeitpunkt schon recht weit unten, sodass ich sogar das mir widerwärtige Red Bull zurate gezogen habe, um halbwegs fit zu bleiben. Der Auftritt war so lala … eine etwas aussagekräftigere Zusammenfassung kann man auf der Nova Station nachlesen. Ich habe die Zeit des Konzerts genutzt, um mir ein The Prodigy-Shirt zu kaufen – meine einzige Ausgabe an diesem Wochenende, wenn man vom morgendlichen Kaffee und ein paar anderen Heißgetränken und einem Crêpe absieht. Essen hatten wir dieses Jahr genug dabei (das war im Vorjahr nicht der Fall), Bier auch, da musste nichts zusätzlich gekauft werden.

Als wir gegen Abend das Festivalgelände wieder betraten, überraschte uns ein Regenguss der Sonderklasse. Schnell verkrochen wir uns in den Kabinen der festinstallierten Toiletten – es muss merkwürdig ausgesehen haben, als nach dem Schauer drei Menschen ein und dasselbe Klo verließen *g*. Danach war ich sehr dankbar um Regenjacke und Gummistiefel. Generell muss zum Wetter aber gesagt werden, dass es wesentlich besser ausfiel, als letztes Jahr und als in den Tagen vor dem Festival speziell für den Norden Deutschlands angesagt worden war. Regen war eigentlich eher selten der Fall, dafür vor allem am Sonntag recht viel Sonne. Alles in allem war es aber ziemlich kühl, weil es sehr windete – die Schafskälte eben.

Am meisten hat unter diesem einen richtig heftigen Guss die Band Vampire Weekend gelitten – just in dem Moment, in dem der erste Ton erklang, kam der erste große schwere Tropfen. Aber wegen denen waren wir ja auch nicht gekommen. Crêpes essend haben wir uns auf der anderen Bühne die letzten Minuten von LCD Soundsystem (echt nicht schlecht) und die ersten Momente von Deichkind angesehen. Joa – gute Musik, komische Fans … dank des Regens, der in kürzester Zeit den trockenen Platz in Matsch verwandelt hatte, fiel das Deichkind-Konzert sicher noch ekliger aus, als das sowieso schon der Fall ist ;).

Dann endlich eine weitere große Hoffnung des Festivals: Faithless. Und dann kam er auf die Bühne, Maxi Jazz, der mittlerweile 53jährige Frontmann der Gruppierung, den ich immer noch für einen Außerirdischen halte. Zumindest ist dieser Mann eindeutig nicht von dieser Welt (ich glaube er kommt von dem Nachbarplaneten des Himmelskörpers, von dem Björk stammen muss …). Anfängliche Bedenken, es könne sich ein ähnlicher Eindruck wie bei Skunk Anansie einstellen, wurden sofort weggeblasen. Maxi Jazz war in seinem weißen Anzug die coolste Sau des Planeten, Musik und Bühnenshow waren absolut grandios, die Stimmung schwappte schnell auf alle über. Ein anstrengendes, aber wunderschönes Konzert.

Den Abschluss unseres Programms stellten The Prodigy – und die hatten nach der Qualität, die Faithless an den Tag legten, wirklich in große Fußstapfen zu treten. In viel zu große. Der Sound war nicht ausbalanciert und viiiieeel zu leise. Wie kann man ein Prodigy-Konzert so leise machen? Das ist doch Verrat an der Sache selbst! Da fiel das Spaßhaben und Tanzen nicht sonderlich leicht. Auch nervten die Bandmitglieder, vor allem im Vergleich zu dem unglaublich sympathischen Konzert davor, mich etwas. Enttäuschend.


Montag, 21. Juni 2010

Gegen sieben Uhr kullerten wir aus den Zelten, säuberten uns nur oberflächlich (bis dahin wurde das volle Duschen-Haare waschen-Zähneputzen-Programm – schon aufgrund des Drecks – voll und gründlich durchgezogen!), packten alles zusammen, schleppten keuchend alles in einer Fuhre zum Benz und düsten auf montäglich freien Autobahnen ins Sachsenland zurück. Dort setzte dann die Menschwerdung wieder ein: kiloweise wurde der Dreck unter den Nägeln und aus den Haaren heraus geschrubbt, der Flüssigkeitshaushalt wird nach und nach wieder hergestellt.
Als Fazit des Wochenendes muss gesagt sein, dass dieses Mal wirklich schlimme Gestalten auf dem Festival unterwegs waren. Brennende Zelte und Pavillons gab es auch letztes Jahr, Betrunkene ebenso an allen Ecken und Enden, aber dieses Mal glich alles einer eher apokalyptischen, dem Wahnsinn verfallenen Landschaft als einem Zeltplatz. Spaß hat es dennoch gemacht – ich war mit tollen Menschen dort und habe einiges an wirklich toller Musik gesehen, mit dem Wetter und allem anderen war ich zufrieden.


Meine Top 5 … Konzerte auf dem Hurricane 2010

1. Massive Attack
2. Faithless
3. The xx
4. Florence and the Machine
5. Beatsteaks

Dienstag, Juni 01, 2010

Samstag, Mai 29, 2010

Playlist der Woche

The xx - Crystalized
The xx - Shelter
Moby - Swear
Björk - Human Behaviour
Sigur Rós - Glósóli
Sieben - The Sun
Nick Cave and The Bad Seeds - Deanna
The Raconteurs - Broken Boy Soldier
The Raconteurs - Steady as she goes

Mittwoch, Mai 26, 2010

Besser spät als nie: Das Jeff Bridges-Double Feature.

Teil Eins:
 
Männer, die auf Ziegen starren (Regie: Grant Heslov, 2009)

Grant Heslov wird nicht vielen ein Begriff sein, das war er mir auch nicht. Wikipedia sagt dazu, dass das wohl ein ganz dicker Buddy von George Clooney sein muss, denn die beiden haben schon mehrfach, auch hinter der Kamera, an Filmen zusammengearbeitet (z. B. bei Good night and good luck). Der Artikel dieses einschlägigen entproblematisierten Konversationslexikons verrät auch, dass Herr Heslov sich auch mit True Lies oder Dante’s Peak durchaus schon einen Namen gemacht hat.
Der Film, um den es hier gehen soll, beruht – überraschender- und witzigerweise – auf einem Sachbuch, das wiederum auf Tatsachen beruht. Das wurde von einem US-amerikanischen Journalisten verfasst, der darin ein bisher verschwiegenes Kapitel der Militärgeschichte in Übersee aufdeckt. Im Gegensatz zum Film, in dem die „New Earth Army“ eine staatliche Einrichtung ist, handelte es sich in der Realität bei der „First Earth Battalion“ um eine private Initiative von einzelnen Offizieren.

Zur Handlung: Der Provinzjournalist Bob Wilton (Ewan McGregor) wird von seiner Frau verlassen und geht daraufhin als Kriegsberichterstatter in den Irak, um sich und der Ex seine Männlichkeit zu beweisen. Per Zufall stößt er dort auf Hinweise auf eine geheime parapsychologische Einheit der US Army, welche sich durch die Bekanntschaft mit Lyn Cassidy (George Clooney), einem Mitglied dieser Einheit, bewahrheiten. Cassidy führt Wilton in seine Fähigkeiten (Wolken mit Blicken auflösen, …) und die Geheimnisse der speziell geschulten Soldaten ein, die sich grandioserweise Jedikrieger nennen, was Wilton zum Schreien komisch findet – ein schönes Detail für alle Star Wars-Liebhaber und Ewan McGregor-Fans.

Was stört an diesem Film? Er weist einige logische Lücken auf und verrät seine allerbesten Gags leider schon in jedem Trailer. Generell hatte man sich einen bissigeren, clevereren und intelligent-absurderen Streifen erhofft. Wenig überzeugend ist auch das Ende, das sich überhaupt nicht in den sonst sehr homogenen Film einfügen möchte und einfach überzogen wirkt.
Was fetzt? Der Cast ist fabelhaft. Neben McGregor und Clooney, der mit Oberlippenbart und langen Haaren wirklich irre aussieht, brillieren Kevin Spacey als mies-fieser Bösewicht und Jeff Bridges als Ausbilder der parapsychologischen Militäreinheit. Letzterem wurde die Rolle auf den Leib geschrieben; man las sogar, Bridges erfinde damit seine Kultrolle als „Der Dude“ (in The Big Lebowski, für alle ohne Ahnung) neu. Optische Ähnlichkeiten (Haupthaar und Bart) sowie Parallelen in der Mentalität lassen sich zwischen dem bowlenden Bademantelträger und dem abgedrehten Hippie-Ausbilder in der Tat kaum leugnen.

Fazit: Männer, die auf Ziegen starren bietet eine Menge Spaß und interessanter, toller Ideen, die größtenteils gut umgesetzt sind. Der große absurd-komödiantischer Wurf, als welcher dieser Film angekündigt wurde, ist allerdings nicht gelungen. Trotzdem: es lohnt sich.