Freitag, August 13, 2010

Knapp zwei Jahre lang hatte sie B. M. , oder seinen Handlanger S., immer wieder darum gebeten, den Baum vor ihrem Haus zu verschneiden. Verschneiden zu lassen von Leuten, die dafür bezahlt werden, denn vom Fenster aus mit einer Baumschere war der Lage schon lange nicht mehr Herr zu werden. Die Zweige waren mittlerweile nur wenige Zentimeter von den Fenstern ihrer Wohnung entfernt und schon bei mäßig starkem Wind schlugen die Äste auf das blecherne Dach. Mehr als einmal hatte sie nachts deswegen schon wachgelegen und sich zerknirscht das Gepoltere über ihr angehört.
Es war gegen 07.30 Uhr am Morgen als wiederum Gepoltere sie weckte. So ähnlich klang es, als die Dachdecker dagewesen und mit ihren schweren Stiefeln auf dem Dach herumgelaufen waren. Das waren dieses Mal allerdings sehr merkwürdige Dachdecker, denn sie schienen Kettensägen dabei zu haben. Ein Griff nach der Brille und ein Blick aus dem Fenster am Kopfende des Bettes brachten Klarheit. Ein Mann mit Bergsteigerausrüstung hing um die zwei Meter von ihrem Gesicht entfernt im Kirschbaum, sägte mal mit einer simplen Handsäge, mal mit der Kettensäge, je nach Dicke des Astes, an der dem Haus zugewandten Seite des Baumes herum. Die abgetrennten Äste warf er recht ziellos die drei Stockwerke herunter; dabei knallten sie nicht selten lautstark auf den Teil des Daches, der sich direkt vor ihren Fenstern befand, oder gar gegen die Fenster der in der Wohnung unter ihr wohnenden S. Gegen neun war das Spektakel dann vorbei. Mit dem Ergebnis des Verschneidens konnte sie zufrieden sein. Aber irgendeine Vorwarnung, dass der Baum verschnitten wird (und vor allem: wann das passiert), an der Pinnwand im Treppenhaus hätte sie ganz nett gefunden, Herr M.

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