Freitag, April 09, 2010


Viele Leipziger stören sich enorm daran, dass ihre liebgewonnene Blechbüchse (alte und neue Bilder davon sowie einen kurzen Abriss über ihre Geschichte gibt's hier) abgerissen und als Parkhaus wieder neu auferstehen soll. Der Neuaufbau des ehemaligen Kaufhauses wird zwar die Form des alten Gebäudes in der Leipziger Innenstadt berücksichtigen und Teile der Originalfassade sowie einige der Alu-Platten dabei verwenden; dennoch gilt diese Aktion als Schändung der Leipziger Traditionen. Zumal das charmante Büchschen einem neuen Einkaufszentrum, den "Höfen am Brühl" weichen und für dieses profane Projekt als Parkhaus herhalten soll. Ich als Nicht-Urleipzigerin sehe das nicht ganz so drastisch; mich stört eher, dass Leipzig - nachdem Galeria Kaufhof und Karstadt, die sich ebenfalls in der City befinden, pleite sind - noch ein weiteres, sichelrich nur mäßig laufendes Kaufhaus bekommen soll.
Gut finde ich in diesem Kontext die Aktion, die der "Leipzig Fernsehen"-Moderator Renato Bodenburg heute vormittag versucht hat. Im Rahmen seines Protestes gegen den Abriss und die Zweckentfremdung der Blechbüchse erklomm er die Baustelle mit einem Transparent, wurde aber schon nach 23 Minuten von der Feuerwehr wieder heruntergeholt und nun droht ihm natürlich eine Anzeige wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses, wie es immer so schön heißt. Trotzdem, schöne Idee.

4 Kommentare:

Marco hat gesagt…

Also ich finde ja, dass die Kritiker maßlos übertreiben. Wenn man sich mal die Entwürfe anschaut, so sieht man eine frappierende Ähnlichkeit zwischen Original und dem neuen Konsumtempel. Nur, dass es nachher vermutlich sehr viel hübscher, strahlender und vor allem belebter sein wird als in den letzten 20 Jahren...
Von daher: Pro "Höfe am Brühl"

Clark Nova hat gesagt…

ach, nicht nur, dass Leipzig nicht noch mehr Einkaufszentren braucht; die Stadt wird es wirtschaftlich nicht verkraften. hier reiht sich eine Investitionsruine an die andere. sehr ärgerlich. man wollte die Stadt nach der wende schneller wachsen sehen, als es realistisch war. und: ein weiteres Parkhaus braucht die City auch nicht.
allerdings bin ich generell für neue Nutzungskonzepte alter Bausubstanz. bei der Blechbüchse klappte das in der Vergangenheit ja ganz gut: ausstellungen, desigers open etc. aber geld geht eben vor kultur. obwohl man sich nach außen hin gern mit letzterer rühmt.
aber ach, ich reg mich schon wieder auf...

Tina hat gesagt…

Den Kritikern geht es ja nicht vordergründig um die Alu-Fassade. Die wurde ordnungsgemäß entfernt und irgendwo in Brandenburg deponiert (wenn man der BILD glauben mag). Beim Abbau der Aluminium-Platten hat man aber gemerkt, dass darunter noch die Reste des alten Kaufhauses liegen, die übrigens zu einem Teil mit im neuen Bau integriert werden sollen. Und obwohl diese Steinfassade über 40 Jahre verborgen lag, trauern jetzt plötzlich alle darum. Absurd. Genauso absurd wie die Idee, dass die Leipziger Innenstadt ein neues Einkaufszentrum verträgt. Ich erinnere mich an die neueste Kommunale Bürgerumfrage. Dort wurden Leipziger nach dem Image der Stadt gefragt. An erster Stelle nannten sie "Stadt mit guten Einkaufsmöglichkeiten". "Stadt, die gute berufliche Chancen bietet" steht dagegen ganz unten. Vielleicht sollte man mal darüber nachdenken, wie viel es bringt, wenn man zwar die Angebote hat, aber nicht die Kaufkraft.

Clark Nova hat gesagt…

dergleichen hat man sich in leipzig nie gefragt. einzig prestige wird hier groß geschrieben. da kann sich dann auch schon mal größenwahn breit machen. ich sag nur: "spiele mit uns."