Dienstag, August 31, 2010

Tag 3 – Von Aken über Dessau nach Wittenberg

Nachdem wir den unglückseligen Zeltplatz frühstücklos verlassen hatten, ging es erstmal in den Ort Aken hinein. Hier sollte es laut unserem Plan einen Bahnhof geben, von welchem aus Herr Reich die Rückfahrt nach Leipzig antreten wollte. Dieser Bahnhof entpuppte sich aber eher als Attrappe – er war stillgelegt und nur einmal im Jahr 2010, nämlich am 22. August, fährt hier ein Zug im Rahmen irgendeiner Veranstaltung. Gott sei Dank sind die Busfahrer des lokalen Linienbusunternehmens sehr freundlich und kooperativ gewesen.

Die Route für diesen Tag sah so aus:

Nach einem schönen Frühstück bei einem Akener Bäcker ging es dann eben zu zweit weiter nach Dessau, dem ersten großen touristischen Ziel der Tour. Nach einem kleinen Halt im örtlichen Penny-Markt (Getränke kaufen!) steuerten Herr Nova und ich erstmal das Bauhaus und die Meisterhäuser an, das / die von allen Seiten geknipst wurde(n). Wir entschieden uns aber gegen einen Besuch des Museums, weil wir die restliche Zeit des Tages (und wir verließen Dessau erst gegen 14 Uhr) zum Radeln brauchten und wir uns demnächst in Weimar sowieso noch intensiver mit dem Bauhaus befassen wollen. Dessau ist im Übrigen eine merkwürdige Stadt: das Stadtbild ist ein wirklich ungewöhnliches, wenig alte Häuser, dafür natürlich viel dem Bauhausstil nachempfundene. Viele Gebäude stammen auch aus der Zeit der DDR. Aber schlecht sieht das eigentlich nicht aus, zumal es viel Grünes zwischendrin gibt; man könnte es wohl eher einen ganz eigenen Charme nennen ;).







Von Dessau aus führte unser Weg dann durch ein wunderschön-idyllisches Biosphärenreservat, das eher den Everglades als Mitteldeutschland glich, nach Wörlitz. Hier und da stand der Radweg mal unter Wasser, teils bis zu 25cm, aber mit Schuhe ausziehen und schieben war das kein Problem. Auf dieser wirklich wunderschönen Strecke gab es übrigens neben der Natur auch Kultur zu sehen, denn Teile des Reservats gehörten mal zu einem herzoglichen Stadtwald: immer wieder durchfuhren wir mitten im Wald schöne Portale oder sahen durch die Bäume Statuen und ähnliches aufblitzen. Das Wetter an diesem Tag war übrigens auch sehr zufrieden stellend: viel Sonne, wenig Wind, angenehme Temperaturen.





Von Wörlitz aus führt der Weg dann eigentlich nach Coswig und dort mit der Fähre auf die andere Elbseite und weiter in die Lutherstadt Wittenberg. Aber – natürlich fuhren auch heute noch keine Fähren. Das war an diesem Tag aber halb so wild, denn es existierte auf unserer Seite der Elbe eine Alternativroute nach Wittenberg, die ihr oben in der Karte als gestrichelte rote Linie sehen könnt. Diese Strecke sind wir dann auch gefahren und sie war echt genial: eine 20km lange, durchweg asphaltierte Rennpiste entlang eines Deiches, auf der wir konstant mit über 20 km/h unterwegs sein konnten und deswegen wirklich verwundert waren, wie schnell die Silhouette Wittenbergs zu unserer Linken am Horizont auftauchte. In Wittenberg wechselten wir mithilfe einer der seltenen Brücken (die es wirklich nur in größeren Städten gibt – und die sind in Mitteldeutschland rar gesät *g*) das Elbufer und haben sehr schnell unsere Jugendherberge inmitten der wunderschönen historischen Altstadt gefunden.

Wittenberg macht sich zuerst durch ein Industriegebiet bemerkbar ;). Im Vordergrund ein bisschen Hochwasser.


Nach dem Einchecken und Duschen haben wir uns dann noch einmal in die Altstadt aufgemacht, die an jeder Ecke von ihren Berühmtheiten (Martin Luther und den Cranachs) geprägt ist. Die Altstadt hat an jeder Ecke irgendeine Liebenswürdigkeit zu bieten; sei es ein für die europäische Geschichte wichtiges Denkmal wie die Schlosskirche, an deren Pforte Luther die Thesen anschlug, oder einfach ein malerischer Hinterhof. Die Krönung dieses romantischen Spazierganges war dann ein Guinness in einem echt guten Irish Pub ;).
Die Jugendherberge ist übrigens nur zu empfehlen! Sie wurde erst 2007 eröffnet und ist deswegen topmodern und neu eingerichtet. Alles ist schlicht und funktional (dafür ist es ja auch eine Jugendherberge), aber extrem sauber und ordentlich. Die Leute da waren echt nett und das Frühstück top. Dieser Tag war wirklich wunderbar =).

Marktplatz von Wittenberg (mit Luther-Installation)






Fassade am Markt
Schlosskirche

Thesentür


Reste des Wittenberger Schlosses

Sonntag, August 29, 2010

Tag 2 – Von Magdeburg nach Aken (nahe Dessau)

Am Vormittag des nächsten Tages, übrigens ein Sonntag, brachen wir dann bei Nieselregen und trübem Wetter recht zeitig auf, um uns an die geplanten 72km zum nächsten Übernachtungsziel zu machen. Dafür hatten wir einen Bungalow auf einem Zeltplatz namens ‚Seebad Aken’ reserviert, aber dazu mehr, wenn wir auf unserer virtuellen Radtour auch soweit gekommen sind. Hier erst mal die geplante Route:
Erst einmal fuhren wir von dem Magdeburger Vorort, in dem wir so luxuriös genächtigt hatten, ins nicht so wirklich schöne Schönebeck. Was wollten wir da? Die hiesige Elbbrücke überqueren, was wir nach einigen Orientierungsproblemen auch schafften. Wir wären lieber auf der Elbseite geblieben, auf der wir bisher gefahren waren, aber der Elberadweg befand sich auf dem kommenden Teilstück nur auf der anderen Uferseite. Den nächsten Stopp machten wir in einem Nest namens Pretzien, wo wir überraschenderweise eine zum Sonntagmittag geöffnete, wenn auch minikleine Touristeninformation vorfanden. Dort erfuhren wir von einer sehr netten Frau, dass aufgrund des Hochwassers keine einzige Fähre der Elbe derzeit in Betrieb ist – was sich negativ auf unseren Plan, die Elbe bei Aken mit der Fähre zu überqueren, auswirkte. Zudem gibt es auf den kommenden zig Kilometern bis Dessau, abgesehen von einer kleinen Fußgängerbrücke, keine Möglichkeit zur Flussüberquerung. Und das Allerbeste: auch die Saale, die auf der Strecke, die wir uns für diesen Tag vorgenommen hatten, in die Elbe mündet und die wir auch überqueren mussten, führt Hochwasser. Über die Saale fahren also auch keine Fähren, die wir zur Überquerung benötigt hätten und wir müssen ein ganzes Stück die Saale flussaufwärts in die kleine Stadt Calbe radeln, um zu einer Brücke zu gelangen. Die Tagesstrecke würde also um einiges länger werden als geplant. So sah die letztendliche Route dann aus (dunkelblau), im Vergleich die im Vorfeld geplante offizielle Strecke des Elberadwegs (rot):

Fußgängerbrücke bei Barby

Sowohl landschaftlich als auch kulturell hatte dieser Tag nicht übermäßig viel zu bieten, von ein paar schönen Strecken durch Wälder und über Felder mal abgesehen. Die größeren Orte, die wir passierten (Schönebeck, Barby und Calbe / Saale – wo wir ja notgedrungen durchmussten) waren weniger schön, vom Calber Marktplatz mal abgesehen. Hier gab es ein hübsches Rathaus mit einer Rolandsfigur davor, eine schöne Kirche und ein paar niedliche Häuschen. Die Umleitungsroute von Calbe zum Zeltplatz ‚Seebad Aken’ (22km) ging immer der Landstraße entlang durch diverse Dörfer (gehört ja auch nicht zum Elberadweg), weswegen das auch nicht die schönste alle Strecken war.


Marktplatz von Calbe (Saale)

Auf dem Zeltplatz angekommen, kamen noch ein paar andere Momente der Ernüchterung hinzu. Außer der Dame, mit der wir zwecks der Reservierung vor einer Woche telefoniert hatten, wusste wohl keiner so recht, dass wir dort übernachten wollten und was man nun mit uns anfangen sollte. Schließlich wurde dann doch noch schnell ein Bungalow zurechtgemacht. Der war allerdings alles andere als schön – der Laminatboden war schlecht verlegt und hob sich an vielen Stellen bis zu 10cm, das Bettzeug war fleckig, und alles war klamm und feucht. Mario und ich schliefen in ganz reizender, stickiger Bettwäsche mit Leomuster … a
uch sonst hielt dieser Zeltplatz rein gar nichts von dem, was die Homepage (http://www.am-akazienteich.de/) versprochen hatte. Von modern und sauber konnte keine Rede sein – aber Flachbildfernseher, wohin man sah. Die Mitarbeiter und die anderen Gäste … ich sollte wohl besser nichts schreiben, dass mich als sozial-elitäre Tussi outen könnte. Und selbstverständlich war auch das Camping-Spießbürgertum, inklusive aller Accessoires (Zäune um den eigenen Wohnwagen, Gartenzwerge …) vertreten. Kurz – wir waren froh, dort am nächsten Tag beizeiten wieder abzuhauen.

Außerdem dezimierte sich unsere Dreier-Radel-Combo an diesem schönen Abend im schönen Seebad Aken. Herr Reich musste Herrn Nova und mir mitteilen, was sich schon über den ganzen, fast 80km langen Tag leise angedeutet hatte: sein Knie machte nicht mehr mit. Wir planten, dass er am folgenden Tag von Aken aus mit dem Zug wieder die Heimreise antreten sollte – auch das gestaltete sich schwieriger als erwartet. Aber mehr dazu im nächsten Teil.

Nachtrag: Der Tag war gar nicht sooo schlimm, wie es hier klingt. Etwas Abenteuerliches hatte er durchaus und wir haben – wie auch an jedem der Folgetage – wirklich schöne und vor allem informative Gespräche mit anderen Radlern gehabt. Rückblickend überwiegt aber schon der Nichts-klappt-hier-Faktor dieses ersten richtigen Tourtages.

Freitag, August 27, 2010

Auf Volker Strübings Schnipselfriedhof entdeckt:

Die geheimen Herrscher der Welt sind nicht die Illuminaten, sondern die Befugten. Tausendmal habe ich die Schilder gesehen: „Unbefugten ist der Zutritt verboten!“, bis mir endlich aufging, dass, wo es Unbefugte gibt, auch Befugte existieren müssen und diese sicher allen Grund haben, mir den Zutritt zu ihren Schaltzentralen zu verbieten!

Mittwoch, August 25, 2010

Hitler-Vergleiche kommen halt immer gut ...

Folgende Sätze befindet sich ursprünglich in einer 1959 in den USA veröffentlichten Aufsatzsammlung namens The Science Fiction Novel: Imagination and social criticism. Es geht um die Eingrenzung der literarischen Genrebezeichnung 'Science Fiction' und der Autor, Cyril M. Kornbluth, ist zu Recht der Ansicht, dass viele vor ihm ein viel zu großes Feld an Texten in die Gattung SciFi einrechnen - nicht jeder Text, in dem irgendwas Unerklärliches vorkommt, ist gleich Science Fiction; inhaltlich ist ihm da kaum etwas hinzuzufügen. Aber WIE er das zum Ausdruck bringt ... na ja.
Some of the amateur scholars of science fiction are veritable Hitlers for aggrandizing their field. If they perceive in, say, a sixteeth-century satire some vaguely speculative elements, they see it as a trembling minority, demand Anschluss, and proceed to annex the satire to science fiction. This kind of empire building has resulted in an impressive list of titles alledgedly science-fictional [...].

Dienstag, August 24, 2010

Großprojekt Elberadwegbezwingung

Tag 1 – Von Leipzig nach Magdeburg (natürlich nicht mit dem Rad …)

Ehe es am Samstag, 14. August 2010, mit dem Zug morgens gegen 10 Uhr endlich Richtung Magdeburg ging, waren natürlich einige Vorbereitungen zu treffen: neue Räder waren gekauft worden, ebenso Gepäckträgertaschen, wetterfeste Kleidung, eine kleine Reiseapotheke wurde zusammengestellt, etc. Wir haben die ein oder andere kleinere Tour in der Umgebung gemacht (zum Beispiel die hier). Wir haben eine Woche vor Abfahrt die Etappen abgesteckt und in den entsprechenden Orten ein Zimmerche
n in einer Pension / Jugendherberge reserviert. Wir haben alle nötigen Akkus aufgeladen, uns die Schnürsenkel gebunden und uns dann, vollständig beladen, auf die Räder geschwungen, um zum Leipziger Hauptbahnhof zu fahren. Dass ich dort erstmal die Apotheke aufgesucht habe, um mir Wick DayMed zu kaufen, war (neben dem unsommerlichen Wetter) das einzige, was meine Vorfreude ein wenig zu trüben vermochte. So begannen wir unsere zweistündige Zugfahrt …
… Pustekuchen! Die Zugfahrt geriet doppelt so lang, denn irgendwo, nur wenige Kilometer vor dem Ziel, entschied sich die E-Lok des Zuges der Deutschen Bahn, die Oberleitung herunter zu reißen und somit nicht weiter zu fahren. Wir hörten auf unseren Sitzen nur einen enormen Krach, den wir nicht recht einordnen konnten. Irgendwann kam dann eine Durchsage der Zugbegleiterin, die ganz schön mitgenommen klang und uns anwies, die Zugtüren auf keinen Fall zu öffnen, da der Zug unter Strom stehen könne. Dass das ganze dann wirklich hätte böse ausgehen können, sahen wir an den beschädigten Fenstern und an der recht ramponierten Lok des Zuges. Es dauerte erschreckend lange, bis Polizei und Techniker der DB anwesend waren und irgendwann schließlich eine Tür geöffnet werden durfte, aus der alle aussteigen konnten.

Immerhin kann ich jetzt von mir behaupten, mal von der Polizei evakuiert worden zu sein ;).

Glücklicherweise ist der Zug direkt auf einem Bahnübergang an einer Landstraße stehen geblieben, auch wenn das für den Straßenverkehr weniger zuträglich war. Unglücklicherweise allerdings befand sich die geöffnete Tür am anderen Ende des Zuges. Hat mal wer von euch versucht, sein Rad mitsamt Gepäckträgertaschen durch die schmalen Gänge eines Regionalzuges zu hieven? Anschließend standen wir noch eine ganze Weile auf der Straße und haben auf einen Zug gewartet, der uns abholen und endlich zum Magdeburger Hbf bringen sollte. Mit insgesamt zwei Stunden Verspätung waren wir dann schließlich am Ziel:


In Magdeburg haben wir uns dann erstmal einen Regenüberzug für die Taschen gekauft – für den kommenden Tag, für den wir unsere erste und längste Etappe geplant hatten, waren ziemliche Unwetter angesagt worden. Die kamen dann übrigens nicht. Wenn ein Tief schon Yvonne heißt …
Unsere Herberge, das 1. Magdeburger Hostel, lag etwas außerhalb der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts, weswegen wir mit einer Regionalbahn (dem Harz-Elbe-Express) dorthin gedüst sind. Über das Zimmer, das sich als super eingerichtete Ferienwohnung mit TV, PC, Geschirrspülmaschine, Badewanne und Co. herausstellte, kann man wirklich nicht klagen.

Nach dem Einchecken und Parken der Räder sind wir dann noch mal für ein paar Stündchen in die Magdeburger Innenstadt gefahren, wiederum mit dem HEX. Magdeburg hat in etwa genau so viel zu bieten, wie ich erwartet hatte: mit dem Dom, der Grünen Zitadelle (letztes Projekt Friedensreich Hundertwassers) und ein paar Bauten aus der romanischen Zeit hat man die Sehenswürdigkeiten, die auch wirklich sehenswert sind, eigentlich schon zusammengefasst. Magdeburg ist irgendwie das … Chemnitz Sachsen-Anhalts. Bisher dachte ich eigentlich, das wäre Halle. Aber, liebe Anne R., ich kann dich beruhigen: Halle fand ich schöner ;). Nach einem Stadtbummel und einem Dönerchen ging es wieder gen Herberge, denn allzu spät wollten wir nicht ins Bettchen gehen. Der nächste Tag würde lang und anstrengend genug werden. Hier also noch ein paar Magdeburg-Impressionen (weniger touristische Momentaufnahmen aus den von uns besuchten Städten kann man auch immer mal im Ramschladen bewundern).