Ich könnte keine Straßenbahnfahrerin werden, das ist vollkommen unmöglich. Das liegt nicht nur daran, dass ich es nicht leiden kann, dass sich alle Bus- und Tramfahrer gegenseitig grüßen, wenn sie einander entgegen fahren. Die können sich doch gar nicht alle kennen! Und vor allem nicht alle mögen, die meinen das folglich nicht alle so, wenn sie sie grüßen. Das ist wie beim Wandern. Alle Wanderer müssen sich irgendwie grüßen, wenn sie sich auf weiter Flur begegnen. Um ihr schlimmes gemeinsames Schicksal des durch die schöne Natur Wanderns zu teilen? Richtig nervig wird dieses Gegrüße vor allem dann, wenn man an einem sonnigen Wochenende durch die Sächsische Schweiz wandert, was einer wahren Völker'wanderung' gleicht. Und dann kommt man aus dem Grüßen nicht mehr raus. Womit ich wieder bei den Straßenbahnfahrern wäre: der Fahrer einer Linie 10, der vom Augustusplatz zum Hauptbahnhof fährt, kommt auf dieser kurzen Strecke, wenn's dumm kommt, einer 11, einer 16, einer 8 und einer 10 der Gegenrichtung entgegen. Da kann er die linke Hand gleich oben lassen.
Vor allem aber kann ich niemals Straßenbahnfahrerin werden, weil ich niemals guten Gewissens von einer Straßenbahnhaltestelle zur nächsten fahren könnte. Was, wenn in dem Moment, in dem ich anfahren will, um die Ecke ein Mensch gerannt kommt, der dringend diese Bahn noch kriegen muss? Gut, dann warte ich eine Sekunde, öffne die Tür, lasse ihn schnell noch einsteigen. Und dann? In jeder Sekunde könnte ein Mensch mit einem schicksalsentscheidenden Problem um die Ecke kommen. Mich machen solche Dilemmata fertig, ich käme niemals vom Fleck. Ich wäre verdammt, stundenlang auf demselben Fleck zu stehen und auf eilige Menschen zu warten, während ich mir dabei den Hass der ganzen Bahn aufbürde, nur um dem Missmut eines einzigen und noch dazu hypothetischen Fahrgastes zu entgehen.
Ihr seht also, ich könnte unmöglich jemals Straßenbahnfahrerin werden.
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